Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

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Stichtag für den Eintritt in den Kindergarten

Schriftliche Anfrage Februar 2023
betreffend den Stichtag für den Eintritt in den Kindergarten

Im Oktober 2019 hat Oswald Inglin eine Motion betreffend hürdenfreien, flexiblen Eintritt in den Kindergarten eingereicht. Der Vorstoss wurde als Anzug weiterbehandelt und mit Schreiben der Regierung vom November 2022 vom Parlament als erledigt abgeschrieben.

Fakt bleibt aber, dass seit der Verschiebung des Stichtags des Kindergarteneintritts das Thema in mehreren Kantonen kontrovers diskutiert wird. Die Gründe dafür sind:

  1. Es ist eine grössere Herausforderung für die Lehrpersonen jüngere Kinder zu unterrichten, weil diese möglicherweise Mühe haben, den Anforderungen des Unterrichts zu folgen. Das bedeutet mehr Zeit, mehr Ressourcen, um Kinder individuell zu unterstützen und ihnen bei der Entwicklung grundlegender Fähigkeiten zu helfen. Die Folge ist pädagogische Mehrarbeit für die Kindergartenlehrpersonen
  2. Jüngere Kinder weisen in Bezug auf das auf vier Jahre festgelegte Eintrittsalter eher Entwicklungsverzögerungen auf; in der Konsequenz werden auch mehr Fachpersonen in der Eingangsstufe benötigt
  3. Jüngere Kinder geraten unter Druck gegenüber den älteren Kindern. Das löst Stress und Belastung aus, also Leistungsdruck im Kindergartenalter, was wiederum die Freude am Lernen hemmt. Der Druck auf jüngere Kinder verstärkt sich zusätzlich, da auch der Alterseffekt eine Rolle spielt.

Der Alterseffekt wird verstärkt, wenn Eltern ihre Kinder zurückstellen und später in den Kindergarten einschulen lassen:

  1. Eltern versprechen sich einen Vorteil für ihr Kind bzgl. ihrer emotionalen, sozialen, kognitiven und körperlichen Entwicklung. Studien zum «Relativ Age Effect (RAE)» belegen klar, dass das Eintrittsalter in den Kindergarten einen signifikanten Einfluss auf die Schulleistungen von Kindern hat: Je älter ein Kind im Vergleich zu den anderen Kindern der Gruppe ist, desto grösser werden die Vorteile auf die gesamte Schullaufbahn. Diese Kinder sind auch reifer, wenn sie sich mit der Berufswahl resp. den weiterführenden Schulen auseinandersetzen.
  2. Eltern haben öfters Bedenken und sind unsicher, ob ihre Kinder zum Zeitpunkt des Kindergarteneintritts tatsächlich schulreif sind. Deshalb erwägen sie eine Rückstellung.

Der Effekt der späteren Einschulung ist bildungspolitisch insofern problematisch, weil nicht alle Eltern ihre Kinder zurückstellen lassen können. Dabei können finanzielle Gründe eine Rolle spielen (Kita-Kosten).  Der Aspekt trifft dann vorwiegend Kinder aus sozio-ökonomisch schwächeren Schichten und/oder Kinder mit einem Migrationshintergrund. Je häufiger sie im Kindergarten auf überdurchschnittlich alte Kinder treffen, desto stärker spielt der Alterseffekt und die entsprechende Benachteiligung.

In 20 Kantonen ist der Stichtag der 31. Juli. Die Einschulung kann unter Angabe von Gründen um 1 Jahr verschoben werden. In einigen Kantonen, die dem HarmoS-Konkordat nicht angehören, entscheiden die Eltern selbst, wann ihr Kind eingeschult wird. So werden im Kanton Luzern beispielsweise gar 40% aller Kinder später eingeschult. Zudem ist ein Eintritt auch unter dem Jahr möglich – also zweimal im Jahr: Im August und im Februar. 2021 traten im Kanton Zürich 8 Prozent aller Kinder verspätet in den Kindergarten ein. Vor zehn Jahren waren es noch 2 Prozent. Im Aargau sind es 10 Prozent, in Solothurn 13 und in Bern 14 Prozent. Im Bericht zur Motion Inglin wurde im März 20 für das SJ 18-19 eine Rückstellungsquote von 4% für Basel-Stadt ausgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass die Quote seither stetig steigt – der Durchschnitt der Kantone liegt bei 10%. Dies, weil bildungsnahen Eltern der Alterseffekt zunehmend bekannt ist. In Basel wurde aufgrund der Vorverlegung des Stichtags das Prozedere für die Rückstellung von «entwicklungsverzögerten» Kindern gelockert. Der Prozess ist einfacher – niederschwelliger – geworden. Sprich: Der Kinderarzt oder die Kinderärztin können eine Empfehlung aussprechen, die von der Schulärztin bzw. dem Schularzt (Medizinischer Dienst) geprüft wird. Am Ende entscheidet dann die Volkschulleitung über eine Rückstellung um 1 Jahr, die in den allermeisten Fällen genehmigt wird. Den Prozess bzgl. «externe Abklärung durch eine Fachperson» begrüsse ich, denn je mehr Mitsprache den Eltern gewährt wird, desto höher ist der Anteil später eingeschulter Kinder. Darunter leidet schlussendlich die Chancengerechtigkeit.

Neben dem Alterseffekt spielt vor allem der Aspekt des tatsächlichen Entwicklungsalters der Kinder eine Rolle. Es gilt zu klären, ob und welche Wirkung das frühe Eintrittsalter auf die Kinder hat. Dies in Bezug auf den Förderbedarf, der sich in der weiteren Schullaufbahn der Kinder fortsetzt, angefangen bei der Primarschule. Deshalb stellt sich auch die Frage, ob die Zunahme an Abklärungen beim Schulpsychologischen Dienst in direktem Zusammenhang mit der Vorverlegung des Stichtags steht.

Die Ausführungen und die Forschungsergebnisse halten fest, dass neben dem effektiven Alter der relative Alterseffekt eine Rolle für den Schulerfolg einzelner Kinder spielt. Dies hat auch Auswirkungen auf die integrative Schule. Deshalb habe ich in Zusammenarbeit mit der GLP-Fachgruppenleitung „Bildung und Familie“ eine Schriftliche Anfrage betreffend den Stichtag für den Eintritt in den Kindergarten eingereicht. Das Thema ist trotz des Berichts der Regierung vom November 22 zum Anzug Inglin nicht erledigt.

Zum Vorstoss geht es hier:

https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200112246

Es steht die Frage im Raum, ob der Stichtag wieder auf den April verlegt werden kann/soll und welche Schritte bzgl. HarmoS-Konkordat nötig wären. Die GLP-Fachgruppe ist der Meinung, dass eine Stichtagverschiebung allen Kindern zugutekäme. Sinnvoll wäre die Option, eine frühere Einschulung zu prüfen, anstatt einer Rückstellung, welche die «Unzulänglichkeit» von Kindern betont. Sprich: Kinder, die bis und mit 30. April geboren sind, treten obligatorisch in den Kindergarten ein. Kinder, die zwischen dem 1 Mai und dem 31.Juli geboren sind und sehr reif sind, könnten aufgrund ihres Entwicklungsstands – nach Abklärung – ebenso in den Kindergarten eintreten. Das bedeutet: Viel weniger Rückstellungen für Kinder, dafür vorzeitige Einschulung für sehr reife Kinder, die dann auch effektiv beim Kindergarten-Programm mithalten können.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Teilpensen von Lehrpersonen

Schriftliche Anfrage Juni 2022
betreffend Teilpensen von Lehrpersonen in der Volksschule von Basel-Stadt.

Im Zusammenhang mit dem Mangel an Lehrpersonen ist ebenso die Diskussion der Teilpensen in den Fokus gerückt. Beispielsweise in der NZZ am Sonntag vom 12. Juni 2022, wo ausgeführt wurde, dass mit einer Aufstockung aller Pensen um ein Prozent im Kanton Zürich 250 Vollpensen geschaffen würden.

Der Zahlenspiegel Bildung 20/21 des Kantons Basel-Stadt zeigt auf, dass im Jahr 2019 83% aller Lehrpersonen mit einem Teilpensum von durchschnittlich 66 Prozent arbeiteten. Im Total sind an der Volkschule im Schuljahr 2019/20 2610 Lehrpersonen angestellt. Sie teilen sich ein Total von 1710 100%-Pensen. Die Zahlen werden nicht weiter aufgeschlüsselt.

Abgesehen davon, dass es grundsätzlich interessant ist, die Ursachen für die Teilzeitanstellungen der Lehrpersonen auf der Primarstufe zu ergründen, ist die Tatsache auch deshalb von Bedeutung, weil dies dazu führt, dass die Schülerinnen und Schüler von zahlreichen Personen unterrichtet werden.

Aber gerade die Beziehungsarbeit und damit verbunden der Zeitfaktor im Umgang mit der Schülerschaft ist ein wesentlicher Bestandteil der pädagogischen Arbeit. Dieser Aspekt ist besonders deshalb wichtig, weil kaum mehr eine Klassenlehrperson im Vollpensum unterrichtet. Auf der Sekundarstufe sind Teilpensen wegen des Fachunterrichts eventuell eher erklärbar.

In Zusammenhang mit dem Lehrpersonenmangel und den damit einhergehenden pädagogischen Auswirkungen interessieren nun aber insbesondere die quantitativen Aspekte. Deshalb bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen bezüglich Teilpensen. Dabei gehe ich von der Berücksichtigung von kumulierten Pensen aus, wenn Lehrpersonen standortübergreifend arbeiten.

  1. Wie viele Lehrpersonen arbeiteten in den Schuljahren 2020/21 und 2021/22 an der Volksschule im Total, wie viele davon mit einem Teilpensum?
  2. Basierend auf dem Zahlenspiegel 20/21, wie verteilen sich die Teilpensen von 2019 auf die unterschiedlichen Stufen der Volksschule (Kindergarten, Primarschule, Sekundarschule)?
  3. Wie sind die Teilpensen der Lehrpersonen im Schuljahr 2019/20 in der Primarstufe und Sekundarstufe umfangmässig verteilt? Bitte nach Beschäftigungsgrad aufschlüsseln.
  4. Wie viele Studierende arbeiten in den Jahren 2019/2020/2021 in einem Teilpensum in der Volksschule? In welchem Umfang? Auf welcher Stufe?
  5. Wie viele Teilpensen werden in der Volksschule von Lehrpersonen ohne Ausbildung bzw. adäquater Qualifizierung unterrichtet? In welchem Umfang, welcher Stufe?
  6. Welche Ursachen liegen den Teilpensen aus Sicht der Regierung zu Grunde, grundsätzlich und im speziellen in Bezug auf die strukturelle Überzeit und die allgemeine Arbeitsbelastung von Lehrpersonen?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

 

Medienbericht:
https://www.bzbasel.ch/schweiz/lehrermangel-teilzeitlehrer-sollen-aufstocken-so-einfach-liesse-sich-das-problem-loesen-ld.2305818

Bildquelle:
https://www.bra.nrw.de/bildung-schule/personalangelegenheiten/dienst-und-arbeitsrecht/teilzeitbeschaeftigung-teilzeitbeschaeftigung-im-blockmodell-frueher-jahresfreistellung

Kündigungen von Lehrpersonen

Schriftliche Anfrage Juni 2022

Bei den Vorbereitungsarbeiten für den überparteilichen Anzug bezüglich datenbasiertem Monitoring zum Lehrermangel im Kanton Basel-Stadt ist Christine Staehelin, Fachgruppenleiterin Bildung der Grünliberalen Basel-Stadt, aufgefallen, dass im Vergleich zu den Mittelschulen überproportional viele Lehrpersonen an der Volksschule kündigen. Dem zugrunde liegt die Antwort der Regierung auf die schriftliche Anfrage von Kerstin Wenk betreffend Anstellungen von Lehrpersonen vom 15. Dezember 2020.

Auf die Frage, wie viele Lehrpersonen beim Kanton Basel-Stadt in den letzten drei Jahren – also von 2017 bis 2019 – gekündigt haben, antwortete die Regierung wie folgt: An den Volksschulen kündigten im 2019 – 160, im 2018 – 147 und im 2017 – 114 Lehrpersonen.
Im Jahr 2019 waren gemäss Zahlenspiegel Bildung 20/21 in Basel-Stadt 2610 Lehrpersonen an der Volksschule angestellt.

An den Mittelschulen, Berufsfachschulen und höheren Fachschulen haben im 2019 – 4, im 2018 – 2 Lehrpersonen und im 2017 1 Lehrperson das Arbeitsverhältnis aufgelöst.
Im Jahr 2019 waren gemäss Zahlenspiegel Bildung 20/21 in Basel-Stadt 1’131 Lehrpersonen angestellt.

Basierend auf dieser Antwort haben wir uns deshalb entschieden nochmals detailliert beim Regierungsrat nachzufragen, welche spezifischen Gründe zu Kündigungen an der Volksschule führen. 

Damit wir dem drohenden Lehr- und Fachpersonen Mangel begegnen können, brauchen wir dringend Massnahmen, die dem entgegenwirken. In diesem Zusammenhang sehe ich ebenfalls das Ergründen der Ursachen, die zu Kündigungen an der Volksschule führen. Von gut ausgebildeten Lehrpersonen hängt die Qualität des Unterrichts ab.


Die proportional viel höheren Kündigungszahlen bei den Volksschulen – im Vergleich mit den Mittelschulen, Berufsfachschulen und höheren Fachschulen – sind augenfällig. Sie können meiner Meinung nach nicht allein mit den Gründen (Mutterschaft, altersbedingte Abgänge, private Gründe oder Wechselwünsche), die in der Antwort der Regierung aufgeführt sind, erklärt werden, da diese Gründe grundsätzlich für alle Schulstufen geltend gemacht werden können.

Gemäss Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz sind insbesondere auch die Stellen von Klassenlehrpersonen an der Primarschule – vom akuten Lehrpersonenmangel betroffen.

Die Qualität des Unterrichts, die Bildungsqualität an den Schulen von Basel-Stadt, hängt von gut qualifizierten Lehrpersonen und gut ausgebildeten Fachkräften ab.

Infolgedessen drängt es sich auf, auch die Ursachen für Kündigungen zu klären, um entsprechende Massnahmen zu ergreifen, damit die Attraktivität und die Rahmenbedingungen des Lehrberufs insbesondere auf der Primarstufe gesteigert werden können. Deshalb bitte ich den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Was sind die Gründe für die deutlichen Unterschiede bei den Kündigungen von Lehrpersonen an der Volksschule im Vergleich zu jenen an den Mittelschulen, Berufsfachschulen und den höheren Fachschulen?
  2. Welche Belastungsfaktoren und Berufsanforderungen führen nach Ansicht der Regierung zu Kündigungen in der Volksschule?
    • Inwiefern spielt die Komplexität der Aufgaben infolge der Reformen und Integrativen Schule mit der damit verbundenen Arbeitsbelastung eine Rolle?
    • Inwiefern sind die Unterschiede auf die Lohnunterschiede zurückzuführen?
    • Sind Unterschiede bei den Kündigungen in Bezug auf die Berufsphase festzustellen mit Fokus auf Berufseinsteigende versus erfahrene Lehrpersonen?
    • Inwiefern spielen Laufbahn-Ziele eine Rolle?
    • Inwiefern spielen geschlechts- und stufenspezifische Unterschiede eine Rolle?
    • In Bezug auf die Kündigung wegen Familiengründung – wie viele Lehrpersonen geben den Beruf auf, wie viele Lehrpersonen arbeiten reduziert weiter?
    • Wie werden Lehrpersonen zum Wiedereinstieg motiviert?
  3. Welche Faktoren machen die Arbeit an den Mittelschulen, den Berufsfachschulen und den höheren Fachschulen ganz konkret attraktiver?
  4. Welche konkreten Massnahmen plant der Regierungsrat, um dem drohenden Lehr- und Fachpersonenmangel an der Volksschule von Basel-Stadt entgegenzuwirken?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Schriftliche Anfrage Kerstin Wenk:
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100393/000000393295.pdf

Bildquelle:
www.welt.de/wirtschaft/karriere/article194958237/

Hohe Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfungen

Schriftliche Anfrage Mai 2022

Die hohe Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfungen in der Schweiz ist bedenklich. Das Ziel jeder Lehre muss sein – nach 3 oder 4 Jahren – die Abschlussprüfungen zu bestehen. In Basel liegen die Zahlen mit einer Durchfallquote von 10 Prozent gar über dem schweizweiten Durchschnitt von 8.2 Prozent.

Die Grünliberale Bildungsgruppe meint, dass es Zeit ist, die Ursachen zu ergründen, damit daraus Massnahmen abgeleitet werden können, um Abhilfe zu schaffen. Wir fragen uns, ob ein Zusammenhang zwischen der hohen Durchfallquote und der tiefen Abschlussquote besteht. Aufgrund der offenen Fragen ist dieser Vorstoss entstanden.


In der Sonntagsausgabe der Basler Zeitung vom 15. Mai befasst sich ein Artikel mit dem Titel „Wenn Lehrlinge reihenweise durch die Prüfung rasseln“ mit der hohen Durchfallquote in der Schweiz von Jugendlichen bei der Lehrabschlussprüfung.

So sollen schweizweit 5889 Jugendliche im Jahr 2021 die Lehrabschlussprüfung nicht geschafft haben, was rund 8.2% entspricht. Diese Quote liegt deutlich höher als jene bei den Maturitätsprüfungen, bei denen die Durchfallquote schweizweit bei 4% liegt.

Der Artikel listet einzelne Berufe auf anhand von Zahlen des Bundesamts für Statistik BfS, um zu zeigen, dass die Durchfallquote bei einzelnen Berufen sogar 20% bis zu unglaublichen 42% betragen kann. Im Rahmen desselben Artikels werden verschiedene Expert:innen nach den Gründen befragt: Vom Mangel an Verantwortungsbewusstsein und Berufsstolz bei den Jugendlichen ist die Rede; von überlasteten Betrieben, bei denen die Lehrlinge kaum Zeit für eine gute Ausbildung hätten oder von einer überbordenden Fülle des Schulstoffs.

Zu den Gründen wird auch der Bildungsexperte Markus Neuenschwander von der FHNW befragt und dieser konstatiert, dass die tatsächlichen Gründe zu wenig erforscht seien und er nur mutmassen könne. Hingegen seien die Folgen einer nicht bestandenen Abschlussprüfung besser erforscht: Dazu gehört u.a. ein deutlich erhöhtes Risiko, arbeitslos zu werden; viele verdienen in der Folge weniger oder manche Jugendliche hätten sogar ein erhöhtes Suchtmittelrisiko.

Diese Aussagen lassen aufhorchen und es stellt sich die Frage, warum nicht mehr zu den Gründen der Durchfallquote geforscht wird, gerade weil der Duale Bildungsweg immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit steht und in Basel-Stadt nach der Sekundarschule I eine höhere Direkt-Übertrittsquote in die Lehre erreicht werden soll.

In diesem Zusammenhang steht für mich auch die tiefe Abschlussquote auf der Sekundarstufe II in Basel-Stadt von 15 Prozent. Sie wird vom Vorsteher des Erziehungsdepartements zurecht ins Zentrum der kantonalen Diskussion gerückt. Bezugnehmend auf die Schriftliche Anfrage von Claudio Miozzari betreffend der tiefen Abschlussquote lese ich, dass 24% der Jugendlichen die Lehre nicht abgeschlossen haben. Die Durchfallquote beträgt in Basel-Stadt bei den Lehrabschlussprüfungen rund 10% und liegt damit über dem Schweizer Durchschnitt von 8.2 Prozent.

Aufgrund der wichtigen Thematik ergeben sich weitere Fragen rund um die Berufsbildung, um deren Beantwortung ich den Regierungsrat bitte:

  1. Wie ist die Durchfallquote bei der beruflichen Bildung auf einzelne Berufe aufgeteilt – bzw. gibt es in Basel-Stadt Abweichungen bezogen auf einen schweizweiten Vergleich?
  2. Besteht in Basel-Stadt ein Monitoring über die „Problemberufe“ auch unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit? Falls ja, wie wird mit den Ergebnissen verfahren? Falls nein, warum nicht?
  3. Gibt es konkrete Ansätze, die Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfungen zu senken?
  4. Wie ist das Vorgehen nach einer nichtbestanden Lehrabschlussprüfung?
    • Welche Stellen werden wie involviert?
    • Hinsichtlich der vergleichsweisen tiefen Abschlussquote in Basel-Stadt: Wie werden junge Menschen motiviert und begleitet, die Prüfung erneut abzulegen?
  5. Die negativen Auswirkungen einer Lehrvertragsauflösung auf die Jugendlichen sind massiv. Die Regierung nennt in der Beantwortung der Anfrage Miozzari als Gründe für die Lehrvertragsauflösung u.a. falsche Berufswahl und veränderter Berufswunsch. 24 Prozent der Jugendlichen brechen in Basel die Lehre ab. Bei den Lernenden mit EBA sind es 14 Prozent.
    • Wie viele Lehrverträge werden von den Ausbildungsbetrieben aufgelöst und wie viele seitens der Lehrlinge?
    • Wieviel Prozent der Jugendlichen finden eine Anschlusslösung?
    • Gemäss Experten ist die Thematik der Gründe für Lehrabbrüche nicht wirklich erforscht. Kann sich der Regierungsrat eine Evaluation der Gründe und die Prüfung von Massnahmen zur Senkung der Abbruchquote vorstellen?
  6. Die Fachstelle Lehraufsicht kümmert sich um die Lehrlinge bei der Auflösung eines Lehrvertrags.
    • Wie oft müssen in Basel-Stadt Sanktionen in Bezug auf die Verletzung der Ausbildungspflicht im Lernbetrieb ausgesprochen werden?
    • Ist der Regierungsrat der Meinung, dass es gewinnbringend sein könnte, die Lehraufsicht über die Ausbildungsqualität in den Betrieben zu verstärken– im Sinne einer besseren Begleitung und Unterstützung?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Medienberichte:
https://www.bazonline.ch/wenn-lehrlinge-reihenweise-durch-die-pruefung-rasseln-820093839096
https://www.bazonline.ch/es-braucht-ein-flaechendeckendes-monitoring-331158499498

Bildquelle:
www.skkab.ch

Lernbrücken für Lernlücken – kein Nachteil wegen der Corona-Schuljahre

Motion Januar 2022

Lernbrücken für Lernlücken zum Ausgleich der Nachteile aufgrund der Corona-Schuljahre
Herzlichen Dank alle Mitunterzeichnenden, Pascal Pfister als Zweitunterzeichner und der Fraktion der Grünliberalen Basel-Stadt für die Unterstützung.

In der Beantwortung der Interpellation betreffend „kein Nachteil in der Schullaufbahn wegen Corona“ kommt zum Ausdruck, dass der Regierungsrat bisher weder zusätzliche Massnahmen zum Ausgleich der Nachteile aufgrund der Corona-Schuljahre ergriffen hat (Forderung Anzug Benz Oktober 20) noch diese in Zukunft plant.

Nach zwei Jahren Pandemie braucht es verbindliche Unterstützungsmassnahmen. Die Lernbedingungen für die Schüler:innen haben sich seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 stark verändert. Die Erwartungen an die Leistungen der Kinder und Jugendlichen sind hingegen dieselben.

Basierend auf den Erkenntnissen der Umfrage der „Swiss Corona Stress Study“ vom März und November 2021 der Universität Basel lässt sich sagen, dass der Schuldruck – verursacht durch die Pandemie aufgrund des verpassten Lernstoffs wegen des Lockdowns und Quarantänemassnahmen – ein gewichtiger Belastungsfaktor ist und zu schweren depressiven Symptomen bei Kindern und Jugendlichen führen kann.

Nach den Herbstferien 2021 hat sich die Lage in den Schulen nochmals gravierend zugespitzt. Der Ausfall von Lehr- und Fachpersonen auf allen Schulstufen führt zu zusätzlichen Unterrichtsausfällen. Schülerinnen und Schüler werden von Stellvertretenden unterrichtet, Förderunterricht und individuelle Förderlektionen werden teilweise gestrichen. Der Umstand führt zu weiteren schulischen Defiziten und in der Folge zu einer Verschlechterung der Bildungsqualität. Leistungsunterschiede zwischen den Schüler:innen und innerhalb der Klasse werden verstärkt und die Chancengerechtigkeit leidet. Besonders belastend ist die Situation für Schülerinnen und Schüler, die von einem Stufenwechsel am Ende der 6. Primar- bzw. am Ende der 3. Sekundarklasse betroffen sind.

Einerseits ist die Bildungsqualität auf allen Schulstufen sicherzustellen und andererseits sollen die Folgen der Corona-Schuljahre weder schulisch noch gesundheitlich langfristig zu einem Nachteil der Basler Schülerinnen und Schüler werden. Deshalb sind Ausgleichsmassnahmen zur Unterstützung und Schliessung der Wissenslücken notwendig, damit die Kinder und Jugendlichen ein Fundament haben, um ihr effektives Potential auszuschöpfen.

Die Motionär:innen fordern den Regierungsrat auf, nachteilige Konsequenzen bei der Schullaufbahn der Schüler:innen aufgrund der Corona-Pandemie auszugleichen. Die Massnahmen sollen befristet für die Schuljahre 2022/23 und 2023/24 gültig sein und sind innerhalb von 6 Monaten umzusetzen.

Anfang 2024 soll die Situation gemeinsam mit den Schulstandorten neu beurteilt werden. Der Erziehungsrat kann im Rahmen seiner Aufgaben und Kompetenzen über eine Weiterführung der Massnahmen beraten. Die befristeten Anpassungen dienen dazu, die Bildungsqualität sicherzustellen ohne zusätzlichen Druck auf die Schüler:innen aufzubauen.

Sekundarschule

  • Nach Eintritt in die Sekundarschule soll der Lernstand in den Grundlagefächern Deutsch/Mathematik/Fremdsprachen in allen drei Leistungszügen P/E/A bei den Schüler:innen erhoben werden. Die Standortbestimmung wird von der Fachlehrperson vorgenommen. Ein zusätzliches Förderangebot soll diejenigen Schülerinnen und Schüler unterstützen, die Lernlücken in einzelnen Fächern aufweisen und die Lernbrücke freiwillig besuchen (z.B. Herbst- bis Frühlingsferien).
  • Wechsel in einen Leistungszug mit tieferen Anforderungen: Damit die Schülerinnen und Schüler Zeit haben, ihre Wissenslücken zu schliessen, werden sie im ersten Semester provisorisch befördert, wenn sie die Leistungsanforderungen nicht erreichen. In das Zeugnis wird «provisorisch befördert» eingetragen.
  • Wechsel in einen Leistungszug mit höheren Anforderungen: Für Schülerinnen und Schüler, die in ihrem Leistungszug stark unterfordert sind, ist ein Wechsel in einen Leistungszug mit höheren Anforderungen gemäss bestehender Laufbahnverordnung weiterhin möglich.

Weiterführende Schulen (Gymnasium/FMS/IMS/WMS)

  • Befristet auf die Eintritte in den Schuljahren 22/23 und 23/24 treten Schüler und Schülerinnen definitiv in die betreffende weiterführende Schule über.

Die Dauer der Corona-Schuljahre hat Konsequenzen auf allen Schulstufen, auch auf die Primarschule, hier insbesondere auf die Mittelstufe (4. bis 6. Klasse). Basierend darauf bitten die Unterzeichneten, diese Schülerinnen und Schüler besonders im Blick zu behalten und die Kinder mit niederschwelligen Förderangeboten zu begleiten, zu unterstützen und die Chancengerechtigkeit sicher zu stellen.

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

 

Bildquelle Header: 20 Minuten, erschienen 23. Dezember 21

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