Die jüngsten Ergebnisse der nationalen Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK) 2023 zeigen, dass in Basel-Stadt lediglich 77 % der Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit die Grundkompetenzen im Deutsch Lesen erreichen, also 5 Prozentpunkte weniger als der Schweizer Durchschnitt von 82 %. Dieser signifikante Rückstand im Bereich der Lesekompetenz ist problematisch und bedarf Aufmerksamkeit.
Link zur Medienmitteilung des Kantons: Überprüfung der Grundkompetenzen 2023
Parallel dazu wird die Diskussion um die Effektivität des Frühfranzösisch-Unterrichts erneut entfacht, da trotz frühem Beginn in der 3. Primarklasse nur 46 % der Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen im Leseverstehen Französisch erreichen. Diese beiden Resultate werfen grundlegende Fragen zur aktuellen Sprachenstrategie und zu deren Qualität in Basel-Stadt auf.
Ich habe im Juni 2023 einen Anzug zur Überarbeitung der Bildungsstrategie im Fremdsprachenunterricht eingereicht und im April 2025 mit einer Interpellation betreffend Konsequenzen der Einführung der Wahlmöglichkeit von Italienisch auf Sek II Stufe und Stellung des Frühfranzösisch im Basler Bildungssystem – gezielt nachgelegt – für eine klare, sachlich fundierte Auslegeordnung – insbesondere auch in Bezug auf die Stärkung der Grundkompetenzen in Deutsch und Mathematik.
In diesem Zusammenhang – und dem Abschneiden der Schülerinnen und Schüler in Deutsch Lesen – ist es ebenso entscheidend, die Rolle digitaler Lesemedien im Unterricht zu hinterfragen.
Internationale Studien weisen schon lange darauf hin, dass digitales Lesen sowohl Chancen als auch Risiken birgt: Einerseits können digitale Formate neue Zugänge zum Lesen eröffnen, andererseits besteht die Gefahr, dass sie zu oberflächlichem Leseverhalten führen und der Leseförderung nicht dient.
Es stellt sich daher die Frage, wie digitale Lesemedien in Basel-Stadt eingesetzt werden und welchen Einfluss sie auf die Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler haben. Vor diesem Hintergrund habe ich eine schriftlichen Anfrage an die Regierung eingereicht.
Schriftliche Anfrage: Digitale Lesemedien – Chance oder Risiko für die Lesekompetenz an Basler Schulen?
Die Ergebnisse der nationalen Überprüfung der Grundkompetenzen 2023 zeigen: In Basel-Stadt erreichen nur 77 % der Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit die Grundkompetenzen in Deutsch Lesen – ein Wert, der fünf Prozentpunkte unter dem Schweizer Durchschnitt liegt.
Regierungsrat Mustafa Atici hat deshalb die Volksschulen beauftragt, dass gezielte Vorschläge zur Stärkung der Leseförderung erarbeitet werden sollen. Diese Diskussion muss aber im breiteren bildungspolitischen Gesamtkontext geführt werden: Denn Lesen ist nicht nur eine Schlüsselkompetenz für den schulischen und beruflichen Erfolg, sondern auch eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit. Gleichzeitig befinden wir uns inmitten eines digitalen Wandels, der das Leseverhalten und die Vermittlungsformen grundlegend verändert. Digitale Lesemedien – Tablets, Lernplattformen oder interaktive Texte versprechen neue Zugänge zum Lesen. Doch internationale Studien (OECD 2015, Delgado 2018, PISA 2018 u. 2022) und nun die Resultate aus der Überprüfung der Grundkompetenzen zeigen auch Risiken: Oberflächlicheres Leseverhalten, fehlende Vertiefung, Ablenkung durch Bildschirmformate1.
Es stellt sich mir deshalb die Frage, wie Basel-Stadt mit dieser Entwicklung «zwischen Bildschirm und Buch» umgeht – und wie digitale Lesemedien so eingesetzt werden können, dass sie die Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler stärken statt schwächen – deshalb bitte ich den Regierungsrat um Beantwortung der folgenden Punkte:
- Welche Rolle spielt das digitale Lesen derzeit im Unterricht der Volksschulen Basel-Stadt?
- Welche digitalen Tools, Plattformen oder Programme werden zur Leseförderung in Deutsch konkret eingesetzt – aufgeschlüsselt nach Stufe?
- In welchem Verhältnis steht der Einsatz von EduBS-Books zur analogen Lesepraxis – und nach welchen pädagogischen Kriterien erfolgt die Auswahl zwischen digitalen und gedruckten Texten im Unterricht, insbesondere in Bezug auf unterschiedliche Aufgabenstellungen?
- Wie wird sichergestellt, dass digitale Lesemedien einen vertiefenden Leseprozess unterstützen und nicht zu oberflächlichem Lesen führen?
- Gibt es verbindliche didaktische Konzepte oder Qualitätsstandards für den Einsatz digitaler Lesemedien?
- Wie werden die Schülerinnen und Schüler auf das Lesen digitaler Texte gezielt vorbereitet? Werden Strategien vermittelt, um auch am Bildschirm tiefes Textverständnis zu entwickeln?
- Wie werden Lehrpersonen auf die besonderen Anforderungen des digitalen Lesens in fachlicher, wie auch in didaktischer Hinsicht vorbereitet?
- Gibt es gezielte Fortbildungsangebote?
- Welche empirischen Erkenntnisse liegen dem Erziehungsdepartement zur Wirkung digitaler Lesemedien auf die Lesekompetenz vor?
- Wird der Einsatz digitaler Formate grundsätzlich systematisch evaluiert?
- Wie plant der Regierungsrat, im Rahmen der angekündigten Lesefördermassnahmen auch die Rolle digitaler Medien zu reflektieren und ggf. neu auszurichten?
Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen
Bildquelle: https://deutsches-schulportal.de/unterricht/buch-oder-screen-wie-sollten-kinder-lesen/
1 Artikel zum Thema: https://www.tagesanzeiger.ch/digital-lesen-das-hat-auswirkungen-auf-das-verstehen-und-behalten-365246741930