Grosser Rat 20. September 2023: Annahme 83 JA zu 11 Nein Stimmen des Ratschlags Ratschlag Änderung des Gesetzes betreffend Tagesbetreuung von Kindern (Tagesbetreuungsgesetz, TBG); Gewährung eines Teuerungsausgleichs auf den Lohnkosten von Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen und Nachtragskredit zum «Ratschlag Änderung des Gesetzes betreffend Tagesbetreuung von Kindern Tagesbetreuungsgesetz, TBG)»
Es ist durchaus verständlich, sich bei der Vorlage Gedanken darüber zu machen, warum der Kanton privaten Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen einen Teuerungsausgleich gewähren sollte, während andere lokale KMU‘s keine Unterstützung erhalten und mit steigenden Personalkosten allein klarkommen müssen.
Doch Kindertagesstätten unterscheiden sich in ihrer Natur erheblich von anderen Betrieben. Die staatliche Modellkostenrechnung schränkt ihre Flexibilität stark ein, insbesondere in Bezug auf die Lohnpolitik.
Dies führt zu einer wirtschaftlichen Schein-Freiheit.
Wir sind uns bewusst, dass der automatische Teuerungsausgleich und die geplante Überprüfung der Modellkosten alle vier Jahre, auch Anpassungen der Elternbeiträge und der kantonalen Beiträge alle vier Jahre bedeuten kann. Dennoch unterstützt die GLP-Fraktion die Gesetzesänderung samt des Nachtragskredits.
Die Gewährung des Teuerungsausgleichs steht in direktem Zusammenhang mit einer angemessenen Bezahlung für Kita-Mitarbeitende, die in einer Tieflohnbranche arbeiten, die mehrheitlich durch Frauen besetzt ist. Ein angemessenes Salär ist nicht nur ein Schritt zur Gleichstellung, sondern auch zur Anerkennung der wertvollen Arbeit. Ein fairer Lohn ist ausserdem ein Mittel, um die Berufsattraktivität in der Branche zu steigern, die Qualität der Kinderbetreuung zu sichern und den Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Da die Anpassung nur für Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen gelten, nutze ich aber die Gelegenheit, um auf ein anderes Problem hinzuweisen. Es betrifft Kindertagesstätten ohne Betreuungsbeiträge, die seit der Einführung der neuen Verordnung zum Tagesbetreuungsgesetz im Januar 2021 nicht mehr in das staatlich verordnete Muster passen, jedoch die Kriterien für eine Bewilligung erfüllen samt den pädagogischen Ansprüchen.
Eltern also, deren Kinder oft kleinere familiäre Kitas mit individuellen pädagogischen Konzepten besuchen, erhalten keine kantonale Unterstützung mehr und die Kitas entsprechend auch keinen Teuerungsausgleich. Die zahlreichen staatlich aufgestellten Regeln zur Organisation von privaten Kindertagesstätten und deren Anforderungen erscheinen übermässig regulierend und behindern den natürlichen Wettbewerb.
Das finde ich insofern störend, als dass Einrichtungen von den Eltern aufgrund ihrer Qualität und pädagogischen Philosophie ausgewählt werden, die den Bedürfnissen der Kinder entsprechen. Dieses Kriterium ist denn auch in der Kantonsverfassung verankert. Es ist mir unklar, warum beispielsweise eine Kita, die nicht während mindestens 12 Stunden am Tag geöffnet hat, nicht den Bedürfnissen der Kinder entsprechen soll.
Die Innovation und hochwertige pädagogische Betreuung, die zum Beispiel von kleineren familiären Einrichtungen geboten werden, leisten einen wertvollen Beitrag zur Vielfalt in der Kinderbetreuung von Basel-Stadt. Die Situation für diese Betreuungseinrichtungen, von denen einige Pionierarbeit in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet haben, ist äusserst schwierig. Es besteht die Gefahr, dass sie nacheinander schliessen könnten.
Innovation in der Kinderbetreuung trägt jedoch dazu bei, die Bildung und Entwicklung der Kinder zu verbessern, die Vielfalt im Betreuungssystem zu fördern, die Wahlfreiheit der Eltern zu gewährleisten, wirtschaftliche Vorteile zu schaffen und die Qualität der Betreuung insgesamt zu erhöhen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, sorgfältig abzuwägen, ob umfassende Regulierungen wertvolle pädagogische Einrichtungen gefährden. Die Grünliberalen sind der Meinung, wir sollten uns mit dieser Frage auseinandersetzen und wollen hiermit einen Denkanstoss dazu geben.
Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen
Online: Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäft 23.0857
Ratschlag Änderung Tagesbetreuungsgesetz und Nachtragkredit: https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200112605
Bildquelle: BZ für die Region Basel