Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

Kategorie: Vorstösse Seite 4 von 5

Kündigungen von Lehrpersonen

Schriftliche Anfrage Juni 2022

Bei den Vorbereitungsarbeiten für den überparteilichen Anzug bezüglich datenbasiertem Monitoring zum Lehrermangel im Kanton Basel-Stadt ist Christine Staehelin, Fachgruppenleiterin Bildung der Grünliberalen Basel-Stadt, aufgefallen, dass im Vergleich zu den Mittelschulen überproportional viele Lehrpersonen an der Volksschule kündigen. Dem zugrunde liegt die Antwort der Regierung auf die schriftliche Anfrage von Kerstin Wenk betreffend Anstellungen von Lehrpersonen vom 15. Dezember 2020.

Auf die Frage, wie viele Lehrpersonen beim Kanton Basel-Stadt in den letzten drei Jahren – also von 2017 bis 2019 – gekündigt haben, antwortete die Regierung wie folgt: An den Volksschulen kündigten im 2019 – 160, im 2018 – 147 und im 2017 – 114 Lehrpersonen.
Im Jahr 2019 waren gemäss Zahlenspiegel Bildung 20/21 in Basel-Stadt 2610 Lehrpersonen an der Volksschule angestellt.

An den Mittelschulen, Berufsfachschulen und höheren Fachschulen haben im 2019 – 4, im 2018 – 2 Lehrpersonen und im 2017 1 Lehrperson das Arbeitsverhältnis aufgelöst.
Im Jahr 2019 waren gemäss Zahlenspiegel Bildung 20/21 in Basel-Stadt 1’131 Lehrpersonen angestellt.

Basierend auf dieser Antwort haben wir uns deshalb entschieden nochmals detailliert beim Regierungsrat nachzufragen, welche spezifischen Gründe zu Kündigungen an der Volksschule führen. 

Damit wir dem drohenden Lehr- und Fachpersonen Mangel begegnen können, brauchen wir dringend Massnahmen, die dem entgegenwirken. In diesem Zusammenhang sehe ich ebenfalls das Ergründen der Ursachen, die zu Kündigungen an der Volksschule führen. Von gut ausgebildeten Lehrpersonen hängt die Qualität des Unterrichts ab.


Die proportional viel höheren Kündigungszahlen bei den Volksschulen – im Vergleich mit den Mittelschulen, Berufsfachschulen und höheren Fachschulen – sind augenfällig. Sie können meiner Meinung nach nicht allein mit den Gründen (Mutterschaft, altersbedingte Abgänge, private Gründe oder Wechselwünsche), die in der Antwort der Regierung aufgeführt sind, erklärt werden, da diese Gründe grundsätzlich für alle Schulstufen geltend gemacht werden können.

Gemäss Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz sind insbesondere auch die Stellen von Klassenlehrpersonen an der Primarschule – vom akuten Lehrpersonenmangel betroffen.

Die Qualität des Unterrichts, die Bildungsqualität an den Schulen von Basel-Stadt, hängt von gut qualifizierten Lehrpersonen und gut ausgebildeten Fachkräften ab.

Infolgedessen drängt es sich auf, auch die Ursachen für Kündigungen zu klären, um entsprechende Massnahmen zu ergreifen, damit die Attraktivität und die Rahmenbedingungen des Lehrberufs insbesondere auf der Primarstufe gesteigert werden können. Deshalb bitte ich den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Was sind die Gründe für die deutlichen Unterschiede bei den Kündigungen von Lehrpersonen an der Volksschule im Vergleich zu jenen an den Mittelschulen, Berufsfachschulen und den höheren Fachschulen?
  2. Welche Belastungsfaktoren und Berufsanforderungen führen nach Ansicht der Regierung zu Kündigungen in der Volksschule?
    • Inwiefern spielt die Komplexität der Aufgaben infolge der Reformen und Integrativen Schule mit der damit verbundenen Arbeitsbelastung eine Rolle?
    • Inwiefern sind die Unterschiede auf die Lohnunterschiede zurückzuführen?
    • Sind Unterschiede bei den Kündigungen in Bezug auf die Berufsphase festzustellen mit Fokus auf Berufseinsteigende versus erfahrene Lehrpersonen?
    • Inwiefern spielen Laufbahn-Ziele eine Rolle?
    • Inwiefern spielen geschlechts- und stufenspezifische Unterschiede eine Rolle?
    • In Bezug auf die Kündigung wegen Familiengründung – wie viele Lehrpersonen geben den Beruf auf, wie viele Lehrpersonen arbeiten reduziert weiter?
    • Wie werden Lehrpersonen zum Wiedereinstieg motiviert?
  3. Welche Faktoren machen die Arbeit an den Mittelschulen, den Berufsfachschulen und den höheren Fachschulen ganz konkret attraktiver?
  4. Welche konkreten Massnahmen plant der Regierungsrat, um dem drohenden Lehr- und Fachpersonenmangel an der Volksschule von Basel-Stadt entgegenzuwirken?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Schriftliche Anfrage Kerstin Wenk:
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100393/000000393295.pdf

Bildquelle:
www.welt.de/wirtschaft/karriere/article194958237/

Hohe Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfungen

Schriftliche Anfrage Mai 2022

Die hohe Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfungen in der Schweiz ist bedenklich. Das Ziel jeder Lehre muss sein – nach 3 oder 4 Jahren – die Abschlussprüfungen zu bestehen. In Basel liegen die Zahlen mit einer Durchfallquote von 10 Prozent gar über dem schweizweiten Durchschnitt von 8.2 Prozent.

Die Grünliberale Bildungsgruppe meint, dass es Zeit ist, die Ursachen zu ergründen, damit daraus Massnahmen abgeleitet werden können, um Abhilfe zu schaffen. Wir fragen uns, ob ein Zusammenhang zwischen der hohen Durchfallquote und der tiefen Abschlussquote besteht. Aufgrund der offenen Fragen ist dieser Vorstoss entstanden.


In der Sonntagsausgabe der Basler Zeitung vom 15. Mai befasst sich ein Artikel mit dem Titel „Wenn Lehrlinge reihenweise durch die Prüfung rasseln“ mit der hohen Durchfallquote in der Schweiz von Jugendlichen bei der Lehrabschlussprüfung.

So sollen schweizweit 5889 Jugendliche im Jahr 2021 die Lehrabschlussprüfung nicht geschafft haben, was rund 8.2% entspricht. Diese Quote liegt deutlich höher als jene bei den Maturitätsprüfungen, bei denen die Durchfallquote schweizweit bei 4% liegt.

Der Artikel listet einzelne Berufe auf anhand von Zahlen des Bundesamts für Statistik BfS, um zu zeigen, dass die Durchfallquote bei einzelnen Berufen sogar 20% bis zu unglaublichen 42% betragen kann. Im Rahmen desselben Artikels werden verschiedene Expert:innen nach den Gründen befragt: Vom Mangel an Verantwortungsbewusstsein und Berufsstolz bei den Jugendlichen ist die Rede; von überlasteten Betrieben, bei denen die Lehrlinge kaum Zeit für eine gute Ausbildung hätten oder von einer überbordenden Fülle des Schulstoffs.

Zu den Gründen wird auch der Bildungsexperte Markus Neuenschwander von der FHNW befragt und dieser konstatiert, dass die tatsächlichen Gründe zu wenig erforscht seien und er nur mutmassen könne. Hingegen seien die Folgen einer nicht bestandenen Abschlussprüfung besser erforscht: Dazu gehört u.a. ein deutlich erhöhtes Risiko, arbeitslos zu werden; viele verdienen in der Folge weniger oder manche Jugendliche hätten sogar ein erhöhtes Suchtmittelrisiko.

Diese Aussagen lassen aufhorchen und es stellt sich die Frage, warum nicht mehr zu den Gründen der Durchfallquote geforscht wird, gerade weil der Duale Bildungsweg immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit steht und in Basel-Stadt nach der Sekundarschule I eine höhere Direkt-Übertrittsquote in die Lehre erreicht werden soll.

In diesem Zusammenhang steht für mich auch die tiefe Abschlussquote auf der Sekundarstufe II in Basel-Stadt von 15 Prozent. Sie wird vom Vorsteher des Erziehungsdepartements zurecht ins Zentrum der kantonalen Diskussion gerückt. Bezugnehmend auf die Schriftliche Anfrage von Claudio Miozzari betreffend der tiefen Abschlussquote lese ich, dass 24% der Jugendlichen die Lehre nicht abgeschlossen haben. Die Durchfallquote beträgt in Basel-Stadt bei den Lehrabschlussprüfungen rund 10% und liegt damit über dem Schweizer Durchschnitt von 8.2 Prozent.

Aufgrund der wichtigen Thematik ergeben sich weitere Fragen rund um die Berufsbildung, um deren Beantwortung ich den Regierungsrat bitte:

  1. Wie ist die Durchfallquote bei der beruflichen Bildung auf einzelne Berufe aufgeteilt – bzw. gibt es in Basel-Stadt Abweichungen bezogen auf einen schweizweiten Vergleich?
  2. Besteht in Basel-Stadt ein Monitoring über die „Problemberufe“ auch unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit? Falls ja, wie wird mit den Ergebnissen verfahren? Falls nein, warum nicht?
  3. Gibt es konkrete Ansätze, die Durchfallquote bei den Lehrabschlussprüfungen zu senken?
  4. Wie ist das Vorgehen nach einer nichtbestanden Lehrabschlussprüfung?
    • Welche Stellen werden wie involviert?
    • Hinsichtlich der vergleichsweisen tiefen Abschlussquote in Basel-Stadt: Wie werden junge Menschen motiviert und begleitet, die Prüfung erneut abzulegen?
  5. Die negativen Auswirkungen einer Lehrvertragsauflösung auf die Jugendlichen sind massiv. Die Regierung nennt in der Beantwortung der Anfrage Miozzari als Gründe für die Lehrvertragsauflösung u.a. falsche Berufswahl und veränderter Berufswunsch. 24 Prozent der Jugendlichen brechen in Basel die Lehre ab. Bei den Lernenden mit EBA sind es 14 Prozent.
    • Wie viele Lehrverträge werden von den Ausbildungsbetrieben aufgelöst und wie viele seitens der Lehrlinge?
    • Wieviel Prozent der Jugendlichen finden eine Anschlusslösung?
    • Gemäss Experten ist die Thematik der Gründe für Lehrabbrüche nicht wirklich erforscht. Kann sich der Regierungsrat eine Evaluation der Gründe und die Prüfung von Massnahmen zur Senkung der Abbruchquote vorstellen?
  6. Die Fachstelle Lehraufsicht kümmert sich um die Lehrlinge bei der Auflösung eines Lehrvertrags.
    • Wie oft müssen in Basel-Stadt Sanktionen in Bezug auf die Verletzung der Ausbildungspflicht im Lernbetrieb ausgesprochen werden?
    • Ist der Regierungsrat der Meinung, dass es gewinnbringend sein könnte, die Lehraufsicht über die Ausbildungsqualität in den Betrieben zu verstärken– im Sinne einer besseren Begleitung und Unterstützung?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Medienberichte:
https://www.bazonline.ch/wenn-lehrlinge-reihenweise-durch-die-pruefung-rasseln-820093839096
https://www.bazonline.ch/es-braucht-ein-flaechendeckendes-monitoring-331158499498

Bildquelle:
www.skkab.ch

Keine Ausgrenzung von Kindern in den Tagesferien

Motion Februar 2022

Keine Ausgrenzung von Kindern in den Tagesferien auf Grund der Schulwahl
Herzlichen Dank allen Mitunterzeichnenden – ich freue mich über die sehr breite Unterstützung, Claudio Miozarri als Zweitunterzeichner und der Fraktion der Grünliberalen Basel-Stadt für ihren wertvollen Support.

Der Vorstoss steht in direktem Zusammenhang mit der neuen Regelung in Bezug auf die Buchung der Tagesferien-Angebote ab den Frühlingsferien 2022 im Kanton Basel-Stadt. Das vom Kanton subventionierte familienergänzende Tagesferien-Angebot – zurückzuführen auf eine private Initiative – ist seit bald 20 Jahren ein Erfolgsmodell und wird seit 2005 im Basler Ferienkalender in Zusammenarbeit mit dem Kinderbüro publiziert.

Dass staatliche schuleigene Tagesstrukturen an bestimmten Schulstandorten auch eine subventionierte Ferienbetreuung (tageweise) für Kinder der Volksschulen anbieten, ist separat zu betrachten. Sie entspricht dem politischen Willen, die kantonalen Betreuungsangebote aufgrund des zunehmenden Bedarfs der Eltern, bedürfnisgerecht auszubauen (Motion Kaspar Sutter).

Alle Eltern von Basel-Stadt mit Kindern im Kindergarten und der Primaschule hatten bisher zu den gleichen Bedingungen Zugang zum wertvollen Betreuungsangebot der Tagesferien, das von privaten Anbietern durchgeführt wird. Es garantiert allen Erziehungsberechtigten, die im Kanton Basel-Stadt wohnhaft sind, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf während den Schulferien und ist infolgedessen auch von zentraler Bedeutung für die Gleichstellung der Geschlechter, der kulturellen Integration und der ausserschulischen sozialen Durchmischung der Kinder. Gemeinsam mit ihren „Gspänli“ verbringen sie ihre Freizeit während der schulfreien Zeit beispielsweise im tollen Tagesferienangebot der Robi-Spielaktionen.Eine Woche Tagesferien (5 ganze Tage) kostet Fr. 200.- pro Kind. Weiter ist eine Reduktion der Elternbeiträge analog der Prämienverbilligung der Krankenversicherung möglich. Die Elternbeitragskosten für Kinder von Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger werden von der kantonalen Sozialhilfe übernommen.

Mit der Einführung der neuen Tagestrukturverordnung per 1. Januar 2022, ist das Tagesferienangebot (und die Feriensportlager) nur für Eltern wie bisher buchbar, deren Kinder die Volksschule besuchen. Eltern, deren Kinder eine private Schule oder einen privaten Kindergarten besuchen, sind von Subventionen ausgenommen und bezahlen neu den vollen Preis von Fr. 400.- pro Woche und Kind. Weiter sind Tagesferien für diese Eltern nur dann buchbar, wenn ein Angebot nicht vollumfänglich durch Kinder der Volksschule ausgebucht ist. Damit werden baselstädtische Privatschüler den ausserkantonalen Kindern gleichgestellt. Manche Basler Eltern haben zudem Kinder in beiden Bildungssystemen, in der staatlichen Schule und der privaten.

Der Umstand führt zu einer Ungleichbehandlung der im Kanton Basel-Stadt steuerpflichtigen Eltern. Das Recht auf Bildung und das Recht auf Betreuung zu finanziell tragbaren Bedingungen sind zwei von sich unabhängige Grundrechte, die in der kantonalen Verfassung separat verankert sind (§11 Abs. 1 lit.n „Recht auf Bildung“; §11 Abs. 2 lit. a „Recht auf Betreuung“) und allen Kindern/Eltern im Kanton Basel-Stadt garantiert wird.

Eltern, die ihre Kinder in einem privaten Kindergarten oder einer Privatschule anmelden, bezahlen die Kosten für den Schulunterricht während den Schulwochen vollumfänglich selbst und können diese nicht an den Steuern abziehen.

Die sehr hohe Hürde bei der Anmeldung von Privatschülern im Basler Ferienangebot führt zum Ausschluss der Kinder und zur Ausgrenzung einer bestimmten Elterngruppe. Zum Beispiel Eltern, die ihre Kinder auf die jüdische Schule schicken. Oder Eltern, die mit sehr knappen Einkommensverhältnissen rechnen, aber aufgrund des einkommensabhängigen Angebots der privaten Bildungsinstitutionen ihr Kind dort platzieren können. Oder Kinder, die aufgrund von Verstärkten Massnahmen in einer privaten Bildungsinstitution beschult werden.

Alle Eltern, die aus welchen Gründen auch immer auf die staatlich finanzierte Bildung verzichten, und damit den Staat massgeblich entlasten, verzichten damit nicht auch automatisch auf das Recht auf staatlich finanzierte familienergänzende Kinderbetreuung.

Da die Verordnung seit dem 1. Januar 2022 (Bekanntgabe Mitte Dezember 21) in Kraft gesetzt wurde und der Ausschluss der Privatschüler per Frühjahrsferien 2022 gilt, fordern die Motionär:innen innerhalb von 6 Monaten:

  • Das Aufheben der neuen Regelung für die Tagesferien und die Beibehaltung der bestehenden Praxis für die Buchung vom kantonal subventionierten Tagesferienangeboten (und Feriensportlager). Somit für diese Betreuungsangebote wie bisher freien Zugang zu denselben Bedingungen für alle Eltern, die im Kanton Basel-Stadt wohnhaft sind, zu garantieren.
  • Die Sicherstellung des Grundrechts für alle im Kanton Basel-Stad wohnhaften Eltern auf eine familienergänzende Betreuung in angemessener Frist, zu finanziell tragbaren Bedingungen, die den Bedürfnissen der Kinder entspricht (Kantonale Verfassung 11 2 a), unabhängig von der Wahl der Schule.

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Bildquelle: www.oberwil.ch/dienstleistungen/29134

Lernbrücken für Lernlücken – kein Nachteil wegen der Corona-Schuljahre

Motion Januar 2022

Lernbrücken für Lernlücken zum Ausgleich der Nachteile aufgrund der Corona-Schuljahre
Herzlichen Dank alle Mitunterzeichnenden, Pascal Pfister als Zweitunterzeichner und der Fraktion der Grünliberalen Basel-Stadt für die Unterstützung.

In der Beantwortung der Interpellation betreffend „kein Nachteil in der Schullaufbahn wegen Corona“ kommt zum Ausdruck, dass der Regierungsrat bisher weder zusätzliche Massnahmen zum Ausgleich der Nachteile aufgrund der Corona-Schuljahre ergriffen hat (Forderung Anzug Benz Oktober 20) noch diese in Zukunft plant.

Nach zwei Jahren Pandemie braucht es verbindliche Unterstützungsmassnahmen. Die Lernbedingungen für die Schüler:innen haben sich seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 stark verändert. Die Erwartungen an die Leistungen der Kinder und Jugendlichen sind hingegen dieselben.

Basierend auf den Erkenntnissen der Umfrage der „Swiss Corona Stress Study“ vom März und November 2021 der Universität Basel lässt sich sagen, dass der Schuldruck – verursacht durch die Pandemie aufgrund des verpassten Lernstoffs wegen des Lockdowns und Quarantänemassnahmen – ein gewichtiger Belastungsfaktor ist und zu schweren depressiven Symptomen bei Kindern und Jugendlichen führen kann.

Nach den Herbstferien 2021 hat sich die Lage in den Schulen nochmals gravierend zugespitzt. Der Ausfall von Lehr- und Fachpersonen auf allen Schulstufen führt zu zusätzlichen Unterrichtsausfällen. Schülerinnen und Schüler werden von Stellvertretenden unterrichtet, Förderunterricht und individuelle Förderlektionen werden teilweise gestrichen. Der Umstand führt zu weiteren schulischen Defiziten und in der Folge zu einer Verschlechterung der Bildungsqualität. Leistungsunterschiede zwischen den Schüler:innen und innerhalb der Klasse werden verstärkt und die Chancengerechtigkeit leidet. Besonders belastend ist die Situation für Schülerinnen und Schüler, die von einem Stufenwechsel am Ende der 6. Primar- bzw. am Ende der 3. Sekundarklasse betroffen sind.

Einerseits ist die Bildungsqualität auf allen Schulstufen sicherzustellen und andererseits sollen die Folgen der Corona-Schuljahre weder schulisch noch gesundheitlich langfristig zu einem Nachteil der Basler Schülerinnen und Schüler werden. Deshalb sind Ausgleichsmassnahmen zur Unterstützung und Schliessung der Wissenslücken notwendig, damit die Kinder und Jugendlichen ein Fundament haben, um ihr effektives Potential auszuschöpfen.

Die Motionär:innen fordern den Regierungsrat auf, nachteilige Konsequenzen bei der Schullaufbahn der Schüler:innen aufgrund der Corona-Pandemie auszugleichen. Die Massnahmen sollen befristet für die Schuljahre 2022/23 und 2023/24 gültig sein und sind innerhalb von 6 Monaten umzusetzen.

Anfang 2024 soll die Situation gemeinsam mit den Schulstandorten neu beurteilt werden. Der Erziehungsrat kann im Rahmen seiner Aufgaben und Kompetenzen über eine Weiterführung der Massnahmen beraten. Die befristeten Anpassungen dienen dazu, die Bildungsqualität sicherzustellen ohne zusätzlichen Druck auf die Schüler:innen aufzubauen.

Sekundarschule

  • Nach Eintritt in die Sekundarschule soll der Lernstand in den Grundlagefächern Deutsch/Mathematik/Fremdsprachen in allen drei Leistungszügen P/E/A bei den Schüler:innen erhoben werden. Die Standortbestimmung wird von der Fachlehrperson vorgenommen. Ein zusätzliches Förderangebot soll diejenigen Schülerinnen und Schüler unterstützen, die Lernlücken in einzelnen Fächern aufweisen und die Lernbrücke freiwillig besuchen (z.B. Herbst- bis Frühlingsferien).
  • Wechsel in einen Leistungszug mit tieferen Anforderungen: Damit die Schülerinnen und Schüler Zeit haben, ihre Wissenslücken zu schliessen, werden sie im ersten Semester provisorisch befördert, wenn sie die Leistungsanforderungen nicht erreichen. In das Zeugnis wird «provisorisch befördert» eingetragen.
  • Wechsel in einen Leistungszug mit höheren Anforderungen: Für Schülerinnen und Schüler, die in ihrem Leistungszug stark unterfordert sind, ist ein Wechsel in einen Leistungszug mit höheren Anforderungen gemäss bestehender Laufbahnverordnung weiterhin möglich.

Weiterführende Schulen (Gymnasium/FMS/IMS/WMS)

  • Befristet auf die Eintritte in den Schuljahren 22/23 und 23/24 treten Schüler und Schülerinnen definitiv in die betreffende weiterführende Schule über.

Die Dauer der Corona-Schuljahre hat Konsequenzen auf allen Schulstufen, auch auf die Primarschule, hier insbesondere auf die Mittelstufe (4. bis 6. Klasse). Basierend darauf bitten die Unterzeichneten, diese Schülerinnen und Schüler besonders im Blick zu behalten und die Kinder mit niederschwelligen Förderangeboten zu begleiten, zu unterstützen und die Chancengerechtigkeit sicher zu stellen.

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

 

Bildquelle Header: 20 Minuten, erschienen 23. Dezember 21

Kein Nachteil in der Schullaufbahn wegen Corona

Interpellation Januar 2022

Lehrer fallen aus, Unterrichtsstunden und Förderstunden ebenso, aber die schulischen Erwartungen, Laufbahnbedingungen und Zielsetzungen für die Kinder und Jugendlichen sind trotz der Corona-Schuljahre dieselben wie immer. Ebenfalls leidet die Chancengleichheit noch mehr wie sonst, weil sehr ungleiche Bedingungen aufgrund von Corona zwischen Schulen, Schulklassen und aber auch in den Familien herrschen.

Bisher wird hierzulande über die Folgen für die Kids nicht debattiert, während in anderen Ländern bereits Programme wie „Lernbrücken gegen Lernlücken“ eingerichtet wurden, um die Schüler:innen zu unterstützen und Nachteile aufgrund der andauernden Pandemie auszugleichen.

Mit meiner Interpellation soll die Frage zu den Folgen der Corona-Schuljahre und die Diskussion darüber ins Rollen gebracht werden.


Text und Fragen zu meinem Vorstoss im Detail:

Die Pandemiesituation gestaltet sich im Allgemeinen und insbesondere auch an den Schulen mit dem Start ins neue Jahr alles andere als einfach.

Bereits im Dezember publizierte die Basler Zeitung einen Artikel, der von der herausfordernden Situation an den Schulen aufgrund der Pandemie für die Lehrpersonen und die Schülerinnen und Schüler berichtete. Quarantäne, Isolation und Depooling führten zu Unterrichtsausfällen und Fehlstunden in einem teilweise hohen Ausmass. Die Lernsituationen im Klassenzimmer gestalten sich herausfordernd und das dauernde Lüften führt zu erschwerten Lernbedingungen. Die teilweise langdauernden Absenzen von Lern- und Fachpersonen und die selten vollständig anwesenden Klassen stellen für die Unterrichtsorganisation grosse Schwierigkeiten dar, das Aufholen von fehlenden Lerninhalten ist nicht gewährleistet.

Der Schulstart nun nach den Weihnachtsferien ist nochmals deutlich angespannter aufgrund der Omikron-Variante. An den Primarschulen und Kindergärten fehlen 79 Lehrpersonen gleich von Beginn weg alleine wegen Corona. Die Varianten Alternativunterricht, Hybridunterricht und Fernunterricht, die in der Konsequenz vermehrt zum Tragen kommen, gewährleisten weder die Qualität des Unterrichts noch die ausreichende Vermittlung von Lerninhalten und somit auch nicht das Erreichen vorgesehener Lernziele. Es sind Notlösungen für eine äusserst angespannte Lage und die Pandemie dauert zudem länger als zu Beginn angenommen.

Der Ausfall von Lehr- und Fachpersonen führt zu zusätzlichen Unterrichtsausfällen. Schülerinnen und Schüler werden von Stellvertretenden unterrichtet, Förderunterricht und individuelle Förderlektionen werden gestrichen. Dies führt zu weiteren schulischen Defiziten. Besonders erschwerend ist die Situation für Schülerinnen und Schüler, die vor einem Stufenwechsel stehen am Ende der 6. Primar- bzw. am Ende der 3. Sekundarklasse.

Bereits im Oktober 2020 hat der Grosse Rat den Anzug von Simone Benz überwiesen, der u.a. zusätzliche Ressourcen für die verstärkte Förderung infolge von individuelle Lernrückständen, die sich beim coronabedingten Fernunterricht aufgetan haben, forderte. Ebenso wurde eine Unterstützung von Schülerinnen und Schülern im Bereich des Methodenerwerbs für das selbstständige Lernen (Lernen zu lernen) gefordert.

Die Lage hat sich seither deutlich verschärft. Es ist davon auszugehen, dass die Leistungsunterschiede beträchtlich zugenommen haben. «Statt gelehrt wird nur noch betreut», meinte dazu Jean-Michel Héritier in der Basler Zeitung im Dezember.

Studien zeigen ausserdem, dass die psychische Belastung bei Kindern und Jugendlichen eindeutig zugenommen hat und sich vermehrt in Form von Depressionen, Angstzuständen und Stress zeigt. Dabei wird angegeben, dass der entstandene Schuldruck die grösste Corona-Stressbelastung für die Schüler und Schülerinnen darstellt. Daraus können ernsthafte psychische Folgen resultieren.

Aufgrund der geschilderten Umstände bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Studien zeigen, dass Fernunterricht oder Hybridformen die Chancenungleichheit zusätzlich verschärft.
    • Welche konkreten Massnahmen sind insbesondere geplant für leistungsschwache Schüler:innen, SuS mit Nachteilausgleich, SuS mit Verstärken Massnahmen, damit sie verpassten Lernstoff nachholen können?
    • Selbstständiges Lernen ist ein wichtiges Instrument für die Schüler:innen in der sich zuspitzenden Situation. Diese Fähigkeit kann nicht einfach vorausgesetzt werden. Welche Unterstützungsmassnahmen für die SuS auf den einzelnen Schulstufen kommen durch den Anzug Benz bisher zum Tragen? Welche sind noch vorgesehen.
  2. Werden entstandene Wissenslücken auf den Schulstufen seit Beginn der Pandemie erhoben? Wenn ja, wie und mit welchem Resultat? Wenn nein, warum nicht?
  3. Welche Massnahmen und Ressourcen wurden auf den einzelnen Schulstufen zur Verminderung von Lernlücken bereits gesprochen und welche Massnahmen sind noch vorgesehen, insbesondere
    • um Schüler:innen der Primarstufe zu unterstützen und die Lernrückstände längerfristig aufzuarbeiten?
    • um Kinder und Jugendliche nach dem Übertritt in die Sekundar- und Mittelschulen zu unterstützen, wie beispielsweise durch Zusatzförderstunden, freiwilliges Zusatzjahr, Lernplananpassungen, andere?
  4. Inwiefern werden Nachteile aufgrund von coronabedingten Lernlücken beim Übertritt in eine nächste Schulstufe am Ende der Primar- bzw. Sekundarschule berücksichtigt?
    • Wie wird eine angemessene Beurteilung bei einem Stufenübergang trotz Unterrichts- und Lehrpersonenausfall gewährleistet?
    • Kann sich der Regierungsrat eine coronabedingte befristete Anpassung der Laufbahnverordnung bezüglich der Übertritte vorstellen, beispielsweise mit einer zusätzlichen selektiven Beurteilung am Ende des Sommersemesters?
  5. Welche weiteren Probleme erkennt der Regierungsrat aufgrund der coronabedingten Lernlücken und der prekären Lage aufgrund der vielen Ausfälle auch in Bezug auf die Belastung der Lehr- und Fachpersonen. Welche Massnahmen sind diesbezüglich bereits geplant?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

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