Bildschirmzeit von Kinder und Jungendlichen beschäftigt die Basler Politik. Themenbeitrag Regionaljournal BS/BL SRF, moderiert von Nina Gygax, 

hier online hören: 

Notiz zu den Beiträgen: Ich habe mich sehr gefreut, dass mein Vorstoss betreffend handyfreie Schule zu einem Themenbeitrag im Regiojournal geführt hat, finde aber, dass der Beitrag im Abendjournal meinem politischen Anliegen nicht gerecht wird. Der Hinweis der Fachexpertin auf die Notwendigkeit, Schülerinnen und Schüler im Umgang mit sozialen Medien zu schulen, ist hingegen unumstritten. Doch die Frage, warum Schulen nicht smartphonefrei sein sollten, bleibt offen, obwohl Schüler und Schülerinnen ab der 5. Klasse Laptops erhalten. Eine handyfreie Zeit in der Schule setzt den Fokus auf Bildung, Gesundheit und persönliche Entwicklung, was im Kern die Aufgabe unserer Schulen ist. Höchste Zeit, dass wir aktiv handeln und die gesellschaftliche Verantwortung gegenüber den Kindern und Jugendlichen wahrnehmen, damit sie gesund in der digitalen Welt aufwachsen.

Mein Vorstoss für eine smartphonefreie Schule hat eine unglaubliche Resonanz erzeugt und ausschliesslich positive Rückmeldungen hervorgerufen. Ich habe mich sehr über die breite Unterstützung gefreut. Lehrkräfte und Eltern haben sich gleichermassen bei mir gemeldet und sind dankbar, dass dieses Thema in den öffentlichen Fokus gerückt wird. Die Herausforderung, den unkontrollierten Zugang zu den sozialen Netzwerken, insbesondere auch durch Smartphones, zu bewältigen, zählt zu den grössten unserer Zeit. In einer Welt, in der digitale Technologien allgegenwärtig sind, ist es entscheidend, verantwortungsvolle und bewusste Nutzungsweisen zu fördern und zu etablieren.


Die einzelnen Fragen von Nina Gygax betreffend die smartphonefreie Schule, über die ich mir im Vorfeld des Interviews Gedanken gemacht habe, sind hier nachzulesen:

  • Wo sehen sie die Probleme beim Handy in der Schule?

Ich sehe vor allem zwei Hauptprobleme mit Smartphones in Schulen: Erstens nutzen Schüler und Schülerinnen ihre Handys häufig in den Pausen, anstatt miteinander zu sprechen oder sich zu körperlich zu betätigen. Sie wollen nichts verpassen, checken daher ständig die neuesten Posts, sind am Chatten, Gamen oder schauen Videos. Zweitens lenken Smartphones im Unterricht ab und ziehen die Aufmerksamkeit von den Lehrinhalten ab. Die Schüler sind weniger konzentriert und nutzen dadurch ihr Potenzial nicht vollständig aus. Trotz Regeln gegen die Handynutzung während des Unterrichts, nutzen Schüler die Geräte heimlich, wenn sich die Gelegenheit bietet. Dies habe ich direkt in Gesprächen mit Jugendlichen erfahren.

  • Weshalb ist eine Regulierung der Nutzung in der Schule notwendig?

Ich betrachte den Umgang mit Digitalisierung, insbesondere sozialen Netzwerken, als eine der grössten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Einheitliche Regelungen an Schulen, die trotz der Teilautonomie für alle Kinder und Jugendlichen  gleichermassen gelten, lassen sich besser durchsetzen und finden breitere Akzeptanz. Aus Gründen der Gleichbehandlung und Chancengleichheit sehe ich keinen Grund, weshalb nicht für alle Schüler und Schülerinnen dieselben Richtlinien gelten sollten, die einige Schulen bereits umsetzen. Diese Massnahmen gewährleisten, dass Digitalisierung in der Schule vorrangig zur Unterstützung des Lernprozesses eingesetzt wird, was sinnvoll ist und von mir nicht in Frage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Kinder und Jugendlichen mit Laptops ausgestattet, wodurch die Nutzung von Smartphones in der Schule praktisch überflüssig geworden ist.

  • Ist ein Verbot von Smartphones sinnvoll?

Ich halte es für wichtig, dass Kinder und Jugendliche in der Schule handyfreie Zeiten erleben, um ihre Entwicklung und psychische Gesundheit zu fördern. Dies rückt pädagogische Inhalte, Lernprozesse und persönliche soziale Interaktionen in den Mittelpunkt, indem Schülerinnen und Schüler eine Pause von sozialen Netzwerken erhalten und stattdessen echte soziale Kontakte pflegen und Beziehungen aufbauen können.

Diese handyfreien Zeiten ermöglichen es den Schülern, sich ohne ständige Ablenkung durch Smartphones voll und ganz auf sich selbst und ihr soziales Umfeld zu konzentrieren. Dabei geht es nicht darum, die Digitalisierung zu stoppen, sondern um eine sinnvolle, altersgerechte und dosierte Nutzung der Technologie. In der Schule haben wir das Fach Medien und Informatik eingeführt und alle Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse mit Laptops ausgestattet. Gleichzeitig investieren wir in Präventionsmassnahmen zum bewussten Umgang mit sozialen Medien und weil das Suchtpotential von «Social Media Plattformen» enorm ist.

Die gesellschaftliche Debatte über das Thema ist allerdings unzureichend, obwohl sie auch Erwachsene betrifft. Kinder und Jugendliche sind aber besonders anfällig für problematische Inhalte wie Cyber-Mobbing, unkontrollierten Zugang zu Pornografie oder Gewaltdarstellungen und leider auch Beiträge, die zu Radikalisierung führen können. Zudem fördert die ständige Online-Präsenz emotionalen Stress und einen ungesunden Vergleichsdruck – schneller, grösser, besser, dünner, talentierter – all diese Komponenten führen zu kognitiver und emotionaler Überlastung. Diese Belastung beeinträchtigt nicht nur die psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler enorm, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen.

Es ist höchste Zeit, dass wir aktiv handeln und unseren Kindern und Jugendlichen helfen, die digitale Welt gesund zu nutzen. Deshalb ist es sehr sinnvoll gerade in der Schule eine Pause von den sozialen Netzwerken einzulegen.

  • Wo sind die Eltern in der Pflicht? 

Eltern spielen eine entscheidende Rolle dabei, ihre Kinder von Beginn an aktiv und altersgerecht in der digitalen Welt zu begleiten. Sie tragen die Verantwortung, sich über digitale Medien zu informieren, ihre Kinder über Risiken aufzuklären und klare Grenzen zu setzen. Dabei ist es wichtig, dass Kinder die Regeln nicht nur befolgen, sondern auch verstehen.
Als Vorbilder müssen Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und gesunde digitale Gewohnheiten fördern, wie zum Beispiel begrenzte Bildschirmzeiten und eine ausgewogene Balance zwischen der Nutzung digitaler Medien und anderen Aktivitäten. Die Verantwortung für die digitale Erziehung liegt nicht allein bei den Schulen, sie kann nicht einfach abgewälzt werden.
Als Gesellschaft müssen wir verstehen und akzeptieren, dass manche Eltern aber mit diesen Herausforderungen und den Auswirkungen auf ihre Kinder überfordert sind. Daher ist es entscheidend, nicht nur Unterstützung anzubieten, sondern auch gemeinschaftlich zu handeln. Eltern, Schulen und auch beispielsweise die offene Kinder- und Jugendarbeit brauchen Werkzeuge und das Wissen, um die jungen Menschen wirksam in einer digitalisierten Welt zu begleiten und sie vor den negativen Auswirkungen zu schützen.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Bildquelle: Regionaljournal BL/BS SRF