Christer Joho von den Grünliberalen Basel-Stadt hat gemeinsam mit mir einen Entwurf für ein grünliberales Votum erarbeitet, welches ich an der Sitzung im Grossen Rat schlussendlich nicht gehalten habe. Die Berichterstattung der Regierung und der Interparlamentarischen Kommission wurden zurecht nicht bestritten.
Auch die  Fraktion der Grünliberalen nimmt die Leistungen des Swiss TPH einstimmig und wohlwollend zur Kenntnis und anerkennt das einzigartige Profil des Swiss Tropical and Public Health Institute. Auf Grund des Ausschlusses aus dem Horizon Europe Forschungsprogramm haben wir uns aber grundsätzliche Gedanken zur Situation des Instituts gemacht. Ich stelle diese im unten stehenden Absatz den interessierten Lesern gerne zur Verfügung.


Grosser Rat 27. April 2022: Vermerk zur Berichterstattung des Schweizerischen Tropen- und Public Health Instituts (Swiss TPH) betreffend der Leistungsauftragsperiode 2017- 2020.

Das Institut hat sich auch in den Corona-geprägten Jahren als bedeutender Player und verlässlicher Partner kantonal und national positioniert und sich durch wissenschaftliche Forschungsarbeiten und diesbezügliche Publikationen profiliert. Zahlreiche Mitglieder des Swiss TPH waren überdies mit Ausbruch der Pandemie in namhaften Bundesgremien der wissenschaftlichen Corona-Taskforce vertreten.

Die Bewerbung des Swiss TPH für ein dauerhaftes Mandat als Schweizer Referenz- und wissenschaftliches Kompetenzzentrum zur Sicherung der öffentlichen Gesundheit im Bereich der Krankheitsüberwachung– und Prävention liegt auf der Hand. Ebenso ist es sehr erfreulich, dass der Bund für die Leistungsauftragsperiode 2021 – 2024 mehr Geld für das Swiss TPH sprechen will als zuerst angenommen. Es gilt den nationalen und internationalen Rang in Forschung, Ausbildung und Dienstleistung auch zukünftig halten zu können.

Dennoch – der Ausschluss der Schweiz vom EU-Forschungsprogramm Horizon Europe wird wohl auf das Swiss TPH einen gewichtigen Effekt haben.

 Eine Studie im „Health Research Policy and Systems“ von März 21 zeigte, dass die Erfahrungen mit der Teilassoziierung in den Jahren 2014 bis 2016, einen unmittelbaren negativen Einfluss auf den Forschungsstandort Schweiz hatte. Europäische Partner zögerten, Forschende von Schweizer Institutionen in Verbundprojekte aufzunehmen und ihnen eine längerfristige, leitende Rolle zuzugestehen. Diese Arbeitserfahrungen sind aber strategisch sehr bedeutend, da gerade die Leitungsaufgaben zur Sichtbarkeit und Reputation als weltweit führendes Institut entscheidend sind. 

Ein Artikel im Magazin Inside IT von diesem März hat die Problematik aufgenommen und verschiedene nationale Hochschulen aufgrund der nicht erfolgten Assoziierung befragt.

  • Die Universität Bern gab an, dass sie bereits bei vier neuen Horizon Europe-Projekten die Leitung abgeben musste. Dies sei besonders schwerwiegend in den Forschungsbereichen Biomedizin und Naturwissenschaften.
  • Die Universität Basel sagte, dass es neue Projekte unter Digital Europe mit dem derzeitigen Status der Schweiz nicht geben werde.
  • Verloren gehen aber nicht nur Renommee, sondern auch viel Geld! Unisono meinten die ETH Zürich und die Universitäten in Bern und Basel, dass Forschende nicht mehr für die sogenannten Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) antragsberechtigt sind. Diese Grants sind nicht nur ein Qualitätsausweis, auf den die Forschergemeinde verzichten wird, sondern bringen den jeweiligen Hochschulen viel Geld ein. Einspringen müsste wohl das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, also letztlich der Steuerzahler.Damit steht die Frage im Raum, ob in der nächsten Leistungsauftragsperiode 2021 – 2024 die hohe Drittmittelquote von 75% und die weltweit führende Rolle der Swiss Tropical and Public Health Institute beibehalten werden können, wenn in der Schweiz die  Anziehungskraft auf Nachwuchs- und fortgeschrittene Forschende und die Bedeutung der Schweizer Hochschulen und Forschungsinstitute nachlässt, der Zugang zum internationalen Forscherverbund erschwert wird und das Institut von Leitungs- oder Koordinationsfunktionen von Forschungsprojekten ausgeschlossen würde.

Trotz aller Freude über die ausgezeichneten Resultate, die das Swiss TPH in der vergangenen Leistungsperiode erzielt hat und trotz der Freude, dass die einst über ganz Basel verteilten Mitarbeitenden und Studierenden, neu im „Belo Horizonte“ in Allschwil unter einem Dach forschen, entwickeln, lehren und arbeiten können, besteht die Sorge, dass die grenzüberschreitende wissenschaftliche Zusammenarbeit stark behindert ist. Langfristig hat dies einschneidende Folgen auf unsere Forschungsinstitute und Hochschulen und ebenso auf den Wirtschaftsstandort Schweiz.

Die eingereichte Standesinitiative am 17. November 2021 betreffend Massnahmen für eine Vollassoziierung am Forschungsprogramm Horizon Europe durch den Grossen Rat Basel-Stadt ist absolut zu begrüssen und wurde einstimmig von den Grünliberalen mitgetragen. Auch der Landrat in Basel-Land hat eine entsprechende Standesinitiative überwiesen. Der Bundesrat ist nun aufgerufen, rasch zu handeln und die Verhandlungen mit der Europäischen Union voran zu treiben.

Weiter sollen die negativen Auswirkungen der Nichtassoziierung der Schweiz am Horizon Europe Forschungsprogramm mittels Ergänzungsmassnahmen abgefedert werden. Wir schliessen uns der Meinung der Wissenschaftskommission des Ständerats an, dass entsprechende Massnahmen möglichst rasch zu konkretisieren sind.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Bericht der IGPK Universität
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100396/000000396952.pdf

Berichterstattung der Regierung:
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100395/000000395703.pdf

Mediale Berichte:
https://telebasel.ch/2022/04/01/neubau-des-swiss-tph-in-allschwil-eingeweiht/?channel=105100
https://www.bazonline.ch/fuer-massnahmen-zugunsten-von-horizon-europe-944422659249

Bildquelle: Fotostock Sandra Bothe