Grosser Rat, 10. November 2021, Votum zum Ratschlag Investitionsbeitrag an den Umbau der Liegenschaft Vesalgasse 5 und die Erneuerung der Dauerausstellung für das neue Jüdische Museum der Schweiz

Ein jüdisches Museum der Schweiz – hier in Basel – ist ebenso ein Museum der Schweizer Geschichte und die jüdische Gemeinschaft ein bedeutsamer Teil der Geschichte unseres Landes. Es zeigt den Umgang der christlich geprägten Mehrheitsgesellschaft mit Minderheiten.

Es ist sowohl der Teil der Schweizer Geschichte, der Ausgrenzung und Stigmatisierung bis zur Verfolgung aufzeigt, als auch derjenige Teil, welcher Duldung und Toleranz thematisiert.

Es ist die Geschichte der Emanzipation in der Helvetischen Republik und die Geschichte der Aufklärung in unserem Land.

Die jüdische Geschichte in der Schweiz ist auch eine Geschichte der wirtschaftlichen Entwicklung, eine Geschichte von Hausierern und Viehhändler, von Wissenschaftler:innen und Bankiers, von Künstler:innen und Lehrer:innen. Das ist das Spezielle an einem jüdischen Museum der Schweiz, es zeigt die Entwicklung der Eidgenossenschaft ohne Hellebarden und Kirchenschätze.

Am 2. November haben wir in Basel und Riehen erstmals eine Stolperschwelle und 4 Stolpersteine verlegt, im Gedenken an ein dunkles Kapitel. Wie der Regierungspräsident anlässlich dieses Gedenkanlasses gesagt hat, lassen uns die Worte der damaligen Regierung unseres Kantons heute erschaudern. Die Kaltherzigkeit – angesichts der Todesgefahr – für die Betroffenen – scheint uns heute nicht mehr möglich zu sein.

Wenn wir den üblen Antisemitismus sehen, der heute wieder stärker als noch vor kurzem denkbar grassiert, wissen wir, dass die Geschichte der jüdischen Gemeinde immer auch ein Spiegelbild für unsere Gesellschaft ist.

Das neue Jüdische Museum der Schweiz ist also eigentlich ein historisches Museum. Ein historisches Museum über das Verhältnis der Mehrheitsgesellschaft zu Minderheiten.

Die Grünliberalen befürworten, dass dieser Teil der Schweizer Geschichte gut und zugänglich vermitteln werden kann. Wir wünschen uns einen Ort der Lust macht, die kulturellen und auch rituellen Traditionen der Juden attraktiv und mit modernen Mittel zu entdecken.

Idealerweise wird das neue Jüdische Museum ein Ort, den jede Schulklasse besucht, ein Ort, der nicht verstaubt museal daherkommt, sondern lebendig und einladend ist. Ein Museum, welches auch als Begegnungsort von der Bevölkerung wahrgenommen wird.

Damit das Jüdische Museum diese wichtige Arbeit leisten kann, braucht es passende Räumlichkeiten für die Dauerausstellung und Projekte.Zurzeit ist es in ungeeigneten und viel zu kleinen Räumen untergebracht. Die Liegenschaft in der Vesalgasse bietet die Chance, diesen Zustand zu ändern und Raum für die bedeutsame jüdische Kultur zu schaffen.

Das ist dann möglich, wenn sich das Museum wie im Ratschlag beschrieben entwickeln kann und dabei vom Kanton unterstützt wird. Weiter wird das Jüdische Museum in den nächsten Jahren die Fundraising Aktivitäten mit klaren Zielvorgaben massiv verstärken, um hohe Beiträge durch Drittmittel zu generieren. Und die Investition in die Liegenschaf ist an einen langjährigen Mietvertrag gebunden mit der Option auf  Verlängerung.

Die Grünliberalen sind so zum Schluss gekommen, dass sich der Zuspruch für finanzielle Mittel, langfristig auszahlen wird.

Unsere Fraktion hat sich aber auch gefragt, ob nicht auch der Bund Beiträge zu dieser wichtigen Institution sprechen sollte und dabei erfahren, dass Bundesbeiträge an Museen nur geleistet werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Hohe Ausstrahlung und Qualität der musealen Arbeit der Institution
  • Betreuung einer wichtigen und in ihrer Art einzigartigen Sammlung mit Helvetica, die von besonderer Bedeutung für das kulturelle Erbe der Schweiz sind
  • Angebot einer innovativen Vermittlungsarbeit für ein breites und vielfältiges Publikum

Wir haben heute die Gelegenheit, den Grundstein zu legen, dass das Jüdische Museum der Schweiz, mit Standort hier in Basel, genau diese Kriterien so rasch als möglich erfüllen kann.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen