Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

Schlagwort: Digitalisierung

Handyfreie Schulen

Alle Kinder und Jugendlichen sollten das Recht auf eine Bildungsumgebung haben, die nicht nur ihre Lernfähigkeiten fördert, sondern auch den Aufbau dauerhafter Freundschaften und ihre Entwicklung zu gesunden Erwachsenen unterstützt. Smartphones lenken nicht nur von schulischen Aufgaben ab, sondern auch von zwischenmenschlichen Interaktionen. Um eine störungsfreie und konzentrierte Lernatmosphäre zu gewährleisten und direkte soziale Kontakte zu fördern, insbesonders während den Pausen, setze ich mich für Schulen ohne Handys ein.

Die Basler Zeitung hat meinen Vorstoss aufgenommen und dazu berichtet. Zum Artikel geht es hier: Gefahr-durch-smartphones-basler-bildungspolitikerin-will-handyfreie-schulen

Meine Anmerkungen zum Beitrag sind: Es geht nicht darum, ob wir die Digitalisierung an Schulen stoppen sollten, sondern darum, wie wir effektiv damit umgehen: Sollen wir proaktiv und faktenbasiert vorgehen oder uns einfach von der Digitalisierungswelle überrollen lassen? Es ist richtig, dass der Umgang mit digitalen Geräten an den Basler Schulen einen wichtigen Stellenwert einnimmt, wozu auch der Umgang mit Sozialen Medien und Chats gehört. Die jüngste Ausweitung des Unterrichts mit dem Fach „Medien und Informatik“ ist eine logische Konsequenz davon. Die Debatte dreht sich hier aber nicht um die Digitalisierung an sich , sondern darum, ob Kinder und Jugendliche, die in der Schule über Laptops verfügen, zusätzlich Smartphones während der Schulzeit nutzen sollten.


Schriftliche Anfrage betreffend eine handyfreie Schule

Der bekannte amerikanische Sozialpsychologe Jonathan Haidt hat ein neues Buch mit dem Titel «Generation Angst» geschrieben. Obwohl es noch nicht auf Deutsch erschienen ist, löst das Buch auch in der Schweiz ein grosses Medienecho aus. Darüber berichtet haben unter anderem der Tagesanzeiger am 12. April 2024 und die NZZ am 8. April 2024.

Haidt führt die alarmierende Zunahme psychischer Probleme und sozialer Distanzierung unter Jugendlichen direkt auf eine extensive Nutzung der Smartphones und der sozialen Medien zurück. Die ständige Online-Präsenz und der Druck, auf sozialen Plattformen zu interagieren, verursachen emotionale und kognitive Überlastungen, die sowohl die psychische Gesundheit der jungen Menschen als auch zwischenmenschliche Beziehungen negativ beeinträchtigen. Obwohl diese Zusammenhänge schon oft vermutet wurden und immer wieder auf die Gefährdung der Entwicklung junger Menschen hingewiesen wurde, erfolgte die Warnung selten so eindringlich. Haidt spricht sich explizit gegen die Nutzung von Smartphones durch Unter-Vierzehnjährige sowie gegen die Nutzung sozialer Medien durch Unter-Sechzehnjährige aus, um die Entwicklung der Jugendlichen zu schützen.

Auch die Schulen sind verpflichtet, die Gesundheit der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen zu schützen. Haidt vertritt die Ansicht, dass Abstinenz von sozialen Medien ein wirksames Mittel gegen die daraus resultierenden Störungen ist. Er glaubt, dass das Problem nicht individuell gelöst werden kann, sondern einen gemeinschaftlichen Konsens und eine gemeinschaftliche Anstrengung erfordert. In der Konsequenz plädiert er für eine smartphonefreie Schule.
In Gesprächen mit dem pädagogischen Schulpersonal, Eltern aber auch Schülerinnen und Schüler stelle ich fest, dass ebenfalls der Wunsch geäussert wird, dass die Schulen nicht nur in der Primarstufe, sondern besonders auch auf der Sekundarstufe eine handyfreie Umgebung bieten sollten, um eine gesunde Entwicklung der Jugendlichen zu unterstützen.

Bisher ist der Einsatz bzw. die Nutzung des Smartphones an den Volksschulen Basel-Stadt auf der Primar- und auf der Sekundarschule aufgrund der Teilautonomie nicht einheitlich geregelt. Da alle Kinder und Jugendlichen ab der 5. Primarschulklasse von der Volksschule mit persönlichen Laptops ausgestattet werden, ist die Nutzung von Handys während der Schulzeit – sowohl im Unterricht als auch in den Pausen – aber gar nicht erforderlich. Zudem würden die Schülerinnen und Schüler insbesondere während der Pausen erheblich von einer handyfreien Zeit profitieren. Sie wären motivierter, direkt miteinander zu interagieren, anstatt sich auf ihre Handys zu konzentrieren, was ihnen ermöglicht, wertvolle soziale Erfahrungen zu sammeln.

In Anbetracht der genannten Argumente und in Erwägung einer smartphonefreien Volksschule bitte ich den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Schätzt der Regierungsrat die bestehenden Regelungen zur Nutzung von Smartphones und sozialen Medien an Schulen als ausreichend ein, was den Schutz der psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern betrifft?
  2. Reicht das aktuelle Präventionsangebot an Schulen aus, um die negativen Auswirkungen einer übermässigen Nutzung von Smartphone und sozialen Medien verständlich zu machen? Falls nicht, welche zusätzlichen Massnahmen erwägt der Regierungsrat zu ergreifen, um die Wirksamkeit der Angebote zu verbessern.
  3. Ist der Regierungsrat bereit im Kanton Basel-Stadt eine smartphonefreie Volksschule einzuführen?
    • Falls ja: Ab welchem Zeitpunkt wäre die Umsetzung dieser Massnahme möglich?
    • Falls nein: Welche Hindernisse stehen einer solchen Regelung entgegen, und welche Strategien verfolgt der Regierungsrat anstelle der handyfreien Volksschule, um den genannten Herausforderungen nachhaltig zu begegnen?
  4. Wären auch die Tagesstrukturen als unterrichtsergänzendes Angebot smartphonefrei zu gestalten? Falls nein – weshalb nicht?
  5. Welche Überlegungen führten zur Entscheidung, dass Kinder bereits ab der 5. und 6. Primarschulklasse mittels der von der Schule bereitgestellten Laptops Zugriff auf Chatfunktionen und soziale Netzwerke haben?
  6. Ist die zunehmende Digitalisierung des Unterrichts an der Volksschule aufgrund der obigen Ausführungen und der heutigen Erkenntnisse sinnvoll oder muss die aktuelle Strategie grundsätzlich überdacht werden?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Bildquelle: Tagesanzeiger/gesundheit-gen-z-schulen-sollten-smartphonefrei-werden

Prüfungsformate für die Matura 2024

Grosser Rat 24. Januar 2024: Interpellation Sandra Bothe-Wenk betreffend den verschiedenen Prüfungsformate für die Maturaprüfungen SJ 23/24


Die Antwort der Regierung zu den verschiedenen Prüfungsformaten und dem Pilotversuch betreffend die digitale Maturitätsprüfung ist differenziert und ich anerkenne ausdrücklich die Bemühungen und den Zusatzaufwand der involvierten Schulleitungen, Lehrpersonen und des Verwaltungspersonals.

Einige Überlegungen, aber auch Bedenken, möchte ich dennoch erneut hervorheben. Die Kommunikation bezüglich dieses Pilotprojekts wurde von einigen Betroffenen als unglücklich wahrgenommen und hat deshalb zur Verunsicherung geführt. Insbesondere als besorgniserregend wurde die Einführung neuer Regelungen während des laufenden Schuljahres empfunden, anstelle einer Ankündigung im Vorfeld des neuen Schuljahres.

In Anbetracht der knappen verbleibenden Zeit bis zu den kommenden Maturprüfungen 2024, der fortgeschrittenen Projektphase und dem Stand der Vorbereitungen der Schülerinnen und Schüler erscheint mir aber eine weitere Infragestellung des Pilots als unangebracht, da dies die Verunsicherung nur vergrössern würde.

Allerdings möchte ich, gestützt auf mehrere Gespräche zu diesem Thema, erneut auf den zentralen Aspekt der Bedenken hinweisen. Dieser besteht in der vorhandenen Ungleichheit bezüglich der Voraussetzungen für die Schülerinnen und Schüler des gesamten Prüfungsjahrgangs. Während die Gleichbehandlung innerhalb einer Klasse für die Prüfung gewährleistet ist, ist diese kantonal nicht gleich gegeben, weil vier unterschiedliche Formate für die schriftlichen Maturitätsprüfungen vorgegeben werden. Eine zusätzliche Herausforderung besteht darin, wie die Integrität und Redlichkeit von digitalen Prüfungen angesichts der zahlreichen Möglichkeiten für unerlaubtes Spicken, die sich durch den Einsatz privater Laptops ergeben, sichergestellt werden kann. Dies betrifft zum Beispiel die Verwendung unsichtbarer Ordner oder Dokumente auf dem Desktop. Auch bleibt der pädagogische Mehrwert einer Kollaborationszeit, die eine Woche vor der Maturitätsprüfung stattfindet, unklar.  Und kritisch betrachtet wird, dass die betroffenen Klassen das Thema der schriftlichen Maturität schon eine Woche im Voraus kennen, auch wenn die einzelnen Aufgaben nicht bekannt sind.
In Anbetracht der angesprochenen Punkte ist es entscheidend, die durchgeführten Pilotversuche zeitnah zu evaluieren, Ungleichheiten zu identifizieren und künftig eine frühzeitige Kommunikation sicherzustellen.

Eine grundlegende Anmerkung ist mir noch wichtig: Bei der zunehmenden Übertragung der Verantwortung für die Definition von digitalen Standards an Schulleitungen und somit an Lehrpersonen ist es wünschenswert, dass alle Lehrkräfte vergleichbare Qualifikationen im digitalen Bereich besitzen. Dies ist entscheidend, um eine gleichmässige Entwicklung digitaler Kompetenzen zu gewährleisten und somit eine chancengleiche Bildung für alle Schülerinnen und Schüler zu sichern. Insbesondere wenn in Zukunft die Maturitätsprüfungen digital durchgeführt werden sollen. Aus diesem Grund sollte für alle Lehrpersonen der verbindliche Zugang zu standardisierten Weiterbildungsprogrammen gewährleistet sein.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Online: Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäft 23.5623, Antwort der Regierung:
https://grosserrat.bs.ch/dokumente/100406/000000406401.pdf

Bildquellehttps://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/digitale-schule-stuttgart-leonberg-bw-100.html

Digitale Maturaprüfung

Digitale Maturaprüfungen «Es geht hier nicht um irgendein Testli» titelt Michelle Isler von Bajour ihren Artikel vom 6. Dezember 2023 zu meiner Interpellation. Im Frühjahr schreiben 27 Gymi-Klassen zum ersten Mal digitale Maturaprüfungen. Dass bei diesem Pilotversuch des Erziehungsdepartements gleich vier verschiedene Prüfungsmodelle getestet werden sollen, wirft bei mir Fragen auf. Diese sollen vorab geklärt werden.

Zum Artikel geht es online hier: https://bajour.ch/a/clpsik97i402222sgwt7d5q8sh/glp-grossraetin-sandra-bothe-es-geht-hier-nicht-um-irgendein-testli


Interpellation betreffend den verschiedenen Prüfungsformate für die Maturaprüfungen SJ 23/24

Aus den Medien war zu erfahren, dass im laufenden Schuljahr im Mai/Juni 2024 mehrere Basler Gymnasialklassen, als Pilotversuch, ihre Maturitätsprüfungen digital absolvieren sollen. In Diskussionen äusserten sich hierzu ebenso Gymnasiastinnen und Gymnasiasten wie auch Lehrkräfte besorgt. Es ist vorgesehen, dass vier verschiedene Prüfungsmodelle für denselben Maturitätsjahrgang angewandt werden.

  1. Traditionell analog
  2. Traditionell digital
  3. Neues Prüfungsformat mit zusätzlichen Hilfsmitteln ohne Kollaboration/Kommunikation
  4. Neues Prüfungsformat mit kollaborativen Anteilen

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Prüfungsformaten erscheinen enorm: von der herkömmlichen Prüfung (z.B. Aufgabenstellung und Lösungen auf Papier) über eine digitale Prüfung mit eigenen Geräten unter identischen Bedingungen wie jene der analog geprüften JahrgangskollegInnen (z.B. Aufsatz BYOD geschrieben ohne Rechtschreibeprogramm), über Prüfungen mit eigenen Geräten und zusätzlichen Hilfsmitteln (Rechtschreibeprogramm, Grafikprogramm in BG), bis hin zu digitalen Prüfungen mit einer gemeinsamen Vorbereitungszeit, die eine Woche vor den eigentlichen schriftlichen Prüfungen stattfindet. Diese Vorbereitungszeit dient dem kollaborativen Erarbeiten von Recherchematerial, welches dann an der Prüfung verwendet werden kann. Auch die zur Verfügung stehenden Hilfsmittel unterscheiden sich: Die Maturitätsprüfungen der diesjährigen Abschlussklassen werden einerseits, wie bis anhin, auf Papier geschrieben und andererseits auf privaten Geräten, die sich erheblich unterscheiden können. Es stehen zudem nicht allen, die die privaten Geräte nutzen, die gleichen Programme zur Verfügung.

Fragen ergeben sich in Bezug auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage Jenny Schweizer betreffend «einheitliche Maturaprüfungen an den Kantonalen Gymnasien in den Fächern Deutsch, Französisch, Englisch und Mathematik». Der Regierungsrat führt aus:

«Im Bildungsraum Nordwestschweiz (Aargau, Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Solothurn) werden die Maturitätsprüfungen seit dem Schuljahr 2013/2014 harmonisiert durchgeführt. Das heisst, innerhalb einer Schule lösen die Schülerinnen und Schüler in jedem Fach die gleichen schriftlichen Prüfungsaufgaben. Damit die Anforderungen von Schule zu Schule vergleichbar sind, werden die Aufgaben von einer kantonalen Instanz, den Ressortleitenden und den Ressortgruppen, begutachtet und im Vorfeld genehmigt. Basis für diese Arbeiten sind die «Kantonalen Rahmenvorgaben für die schriftlichen Maturitätsprüfungen».

In diesem Kontext liegen Bedenken hinsichtlich Chancengleichheit und Rechtssicherheit auf der Hand und den nachfolgenden Fragen an den Regierungsrat zu Grunde.

  1. Wurden die geplanten Prüfungsmodelle für das kommende Jahr im Rahmen der Prüfungsvorbereitung bereits mit den aktuellen Maturklassen als „Trockenübung“ durchgeführt?
    • Falls ja, gibt es signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Prüfungsformaten?
    • Falls es keine solche „Trockenübung“ im Unterricht gab, wie stellt der Regierungsrat die Chancengleichheit und Vergleichbarkeit der Leistungen der SuS sicher?
  2. Nach welchen Kriterien erfolgt die Zuordnung der vier verschiedenen Prüfungsformate zu den Schulen, Fächern und Klassen?
  3. Welches der genannten Prüfungsmodelle wird angewendet, wenn bei einem der neuen Prüfungsformate Probleme auftreten (z. B. WLAN-Ausfall, BYOD-Gerätedefekt, unvorhergesehene Probleme bei der Bedienung des Prüfungssoftware oder des Browsers)?
  4. Warum finden beim Modell D) kollaborative Vorbereitungszeit eine Woche vor den schriftlichen Maturitätsprüfungen statt und welche Regeln und Richtlinien gelten für die Vorbereitungsphase bis zur effektiven Maturitätsprüfung?
  5. Welchen pädagogischen Mehrwert erwartet der Regierungsrat durch den Versuch, die Abschlussprüfungen gleichzeitig in unterschiedlichen digitalen Formaten durchzuführen?
  6. Entsprechen die vielfältige Methodik und die Verwendung unterschiedlicher Prüfungsformate den Kriterien der Verordnung betreffend die Maturitätsprüfungen im Kanton Basel-Stadt (SG 413.820), insbesondere §15 (Einheitlichkeit von Inhalt, Gestaltung und Bewertung) und §16 (ständige Beaufsichtigung der schriftlichen Prüfung, inklusive kollaborativer Vorarbeiten)?
  7. Liegt eine Bewilligung der Schweizerischen Maturitätskommission zur Durchführung eines Schulversuchs gemäss Art. 19 Abs. 1 der Verordnung über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (SR 413.11) vor?
  8. Erwartet der Regierungsrat aufgrund des vorgesehenen Versuchsprojekts eine erhöhte Anzahl von Rekursen?
  9. Welche Kriterien und Massstäbe gelten für die Evaluation der Ergebnisse und werden alle Formate aus dem Pilotprojekt einbezogen?
    • In diesem Kontext: Soll durch das Projekt, die Abschlussprüfungen zu digitalisieren, Einfluss auf den erteilten Unterricht an den Schulen genommen werden?

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Online: Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäft 23.5623
https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200112910

Bildquellehttps://www.bazonline.ch/schattenseiten-der-digitalisierung-mathe-lehrer-wehrt-sich-gegen-digitale-matura-pruefungen-804718032985

Digitalisierungsstrategie für die Zukunft des Lernens

Bevor wichtige Schulpolitische Entscheidungen getroffen werden, sollte man sich über die Forschungsergebnisse informieren!

Angesichts fehlender evidenzbasierter Erkenntnisse über die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Schulleben und bestehender negativer Zusammenhänge zwischen der Nutzungsdauer digitaler Geräte und den Schulleistungen, bitte ich den Regierungsrat im Hinblick auf die Entwicklung einer evidenzbasierten kantonalen Digitalisierungsstrategie für den Unterricht an Basler Schulen um die Beantwortung einiger Fragen, die alle Schulstufen, deren Herausforderungen und Bedürfnisse und den entsprechenden Bedarf berücksichtigt. Chancen und Risiken der Digitalisierung sind sorgfältig abzuwägen, um nachhaltige Massnahmen und Konzepte für das erfolgreiche moderne Lehren und Lernen abzuleiten.

Von der Basler Zeitung wurde ich gefragt, welche Überlegungen meinem Vorstoss zu Grunde liegen.

Zum Artikel geht es online hier: https://www.bazonline.ch/die-haelfte-der-schueler-wird-einen-beruf-haben-den-es-heute-noch-nicht-gibt-484439894026

Dabei habe ich folgende Fragen beantworten dürfen:

Wo stehen die Basler Schulen derzeit bei der Digitalisierung?

Ich meine, es kommt auf die Fragestellung zur Digitalisierung an. Geht es um die Ausrüstung der Schulen bezüglich Hardware und Software, sind wir in Basel wohl gut dabei. So verstehe ich jedenfalls den Bericht der Regierung zu meiner Motion/Anzug betreffend die Einführung eines wirklichen BYOD’s oder Systemwechsels.
Hier geht es online zum Bericht: https://grosserrat.bs.ch/dokumente/100404/000000404334.pdf

Inwieweit wir in unserem Kanton die neue digitale Technologie evidenzbasiert einsetzen oder welche Massnahmen und Konzepte an welchen Schulstandorten angewendet werden, kann ich hingegen nicht beantworten. Meine Schriftliche Anfrage soll dazu Auskunft geben.

Sie gehen das Thema Digitalisierung und Lernen ganzheitlich an: Kann man daraus schliessen, dass es derzeit in Sachen Schulen und Digitalisierung an allen Ecken und Enden fehlt?

Meines Wissens fehlt es an einer kantonalen evidenzbasierten Digitalisierungsstrategie in der Bildung.  Hingegen gehe ich davon aus, dass schulstandortbezogene Konzepte für die Einführung von Digitalen Geräten und deren Nutzung sowie Richtlinien bezüglich der Anwendung existieren.
Bei einer Digitalisierungsstrategie sollte aber im Zentrum stehen, dass sie auf solider Forschung basiert, die belegt, dass digitale Technologie in der Bildung einen Mehrwert hat und die Schülerinnen und Schülern in der Konsequenz einen höheren Lernerfolg ausweisen.

Falls ja: Was fordern Sie, dass sich das ändert?

Wir brauchen eine auf Fakten basierende kantonale Digitalisierungsstrategie. Bildungsentscheidungen sollen nicht einfach aus der Luft gegriffen sein, sondern auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Wir müssen sicherstellen, dass die Schulen nicht von einer euphorischen Digitalisierungswelle überrollt werden. Deshalb sind die Chancen und Risiken der zunehmenden Nutzung digitaler Medien an Schulen sorgfältig abzuwägen, um sicherzugehen, dass die Schülerinnen und Schüler wirklich davon profitieren und sie aufgrund des Einsatzes der digitalen Technologie einen effektiven Lernzuwachs haben, ohne Schaden daran zu nehmen.

Es wäre fatal, in der Zukunft aufzuwachen und festzustellen, dass ein Lernabbau erfolgt ist und die Kinder und Jugendlichen den sozialen Draht zueinander und zu ihren Lehrkräften verloren haben, während sie mit gesundheitlichen Problemen kämpfen. Meine Forderung ist deshalb heute und nicht erst morgen sicherzustellen, dass die Digitalisierung in unseren Schulen vernünftig, verantwortungsbewusst und evidenzbasiert gestaltet wird.

Es macht keinen Sinn einfach vorwärts zu stürmen –ohne evidenzbasierte kantonale Digitalisierungsstrategie. Das ist naiv.

Die UNESCO warnt und betont, dass vermeintlich positive Auswirkungen der Digitalisierung im Bildungswesen auf Lernergebnisse möglicherweise überbewertet sind und nicht jede Innovation zwangsläufig ein Fortschritt ist. Ebenso warnt das Karolinska Institut die schwedische Bildungsbehörde in einer Stellungnahme zur Digitalisierungsstrategie. Auch die OECD schreibt in ihrem Bericht zur Digitalisierung über negative Folgen. Und die NZZ hat sich Ende Juni der Problematik der unheilvollen Turbodigitalisierung im schulischen Bereich angenommen.

Der verantwortungsbewusste Umgang mit KI ist ebenso Thema in ihrem Vorstoss – bei der KI gibt es derzeit rasante Entwicklungen und Neuerungen. Was ist Ihrer Meinung nach der richtige politische Weg, um dem gerecht zu werden?

Die KI ist die grösste ethische und anthropologische Herausforderung, der wir uns stellen müssen, denn sie stellt letztlich die Frage, was den Unterschied zwischen dem Menschen und der Maschine ausmacht. Die Schule als Ort der Weitergabe von Kultur mit ihren zentralen Themen «Wissen», «Können» und «Lernen» ist davon im Kern betroffen.

Ein grundlegender Aspekt für die Zukunft bleibt deshalb die Förderung des kritischen eigenständigen Denkens bei Schülerinnen und Schülern. Das menschliche Forschungsinteresse darf nicht vernachlässigt werden, denn digitale Transformation ist lediglich ein Mittel zum Zweck. Aus diesem Grund bleibt die Betonung von Grundlagenfächern in der Schule weiterhin von grosser bildungspolitischer Relevanz. Die Vermittlung von Schulsprache, Mathematik und Naturwissenschaften sollte in den Lehrplänen verstärkt werden.

Das ist ebenfalls eine politische Forderung, die ich mit meinem Anzug betreffend die Überarbeitung der Bildungsstrategie beim Fremdsprachenunterricht an der Volksschule zur Stärkung der Grundlagefächer bereits verfolge.
Zum Vorstoss geht es online hier:  https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200112439

Bemerken möchte ich weiter: Die Einführung der Fremdsprachenstrategie mit dem damaligen Lehrmittel für den frühen Spracherwerb in Französisch war ungenügend evidenzbasiert. Auch in einigen anderen Kantonen wurden mittlerweile Vorstösse eingereicht, da die Strategie und darauf aufbauende Konzepte nicht den gewünschten Erfolg in Bezug auf die Kompetenzen und Leistungen der Schülerinnen und Schüler zeigen. Um eine weitere Situation dieser Art zu verhindern, liegt es in der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger, sich für eine evidenzbasierte Bildungspolitik einzusetzen.

Eine weitere politische Forderung bezüglich KI kann darin bestehen, die effektive Aufklärung und Sensibilisierung von Schülerinnen und Schülern zu prüfen und zu fördern. Dabei sollte ein besonderer Schwerpunkt darauf liegen, ihnen ein solides Verständnis für die Funktionsweise von KI zu vermitteln und gleichzeitig zu betonen, wie wichtig es ist, KI kritisch zu reflektieren. Die Schülerinnen und Schüler müssen verstehen, dass KI keine allwissende Macht ist, sondern lediglich ein Werkzeug, das durch Daten gefüttert und mit menschlichen Entscheiden modelliert wird. Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass sie sich ein fundiertes und eigenständig erworbenes Wissen aneignen, das nicht nur oberflächlich verstanden, sondern auch tiefgehend verinnerlicht wird. Auf diese Weise können junge Menschen ihre eigenen Potenziale entfalten und die Möglichkeiten der KI gewinnbringend nutzen.

Mittels einer faktenbasierten Digitalisierungsstrategie muss festgehalten werden, wie (wann und ob) KI an den Schulen genutzt werden soll. Nur so kann sichergestellt werden, dass angemessene Lehrpläne entwickelt werden und Lehrkräfte angemessene Lehrmethoden anwenden. Eine solche politische Forderung würde dazu beitragen, dass die nächste Generation in der Lage ist, kritisch und kompetent mit KI umzugehen und die digitale Zukunft verantwortungsbewusst zu gestalten.

 


Schriftliche Anfrage zur Entwicklung einer evidenzbasierten kantonalen Digitalisierungsstrategie für die Zukunft des Lernens an den Schulen von Basel-Stadt

Die Digitalisierung an Schulen bietet eine Vielzahl von Chancen und Vorteilen für den Unterricht, da sie innovative Lehr- und Lernmethoden ermöglicht und Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vorbereitet. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, mögliche Herausforderungen wie Datenschutz und Sicherheit sowie negative Auswirkungen wie Ablenkung durch die digitalen Geräte und Multitasking sorgfältig zu evaluieren. Dabei sollten Forschungsergebnisse, aber auch Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie sowie gesundheitliche Aspekte einbezogen werden, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Ebenso ist es wichtig, einen angemessenen Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) zu berücksichtigen, um sie effektiv undverantwortungsbewusst einzusetzen.

Trotz der zunehmenden Digitalisierung im schulischen Umfeld fehlen bisher evidenzbasierte Erkenntnisse über die erwarteten positiven Auswirkungen auf das Lernen im Unterricht. Im Gegenteil, Studien wie die Pisa-Sonderauswertung der OECD von 2021 zeigen einen negativen Zusammenhang zwischen der Nutzungsdauer digitaler Geräte und der Lesekompetenz in 35 Ländern. Zudem ist bekannt, dass das Lesen und Schreiben am Bildschirm nicht den gleichen Lerneffekt erzielt wie auf Papier. Und gemäss dem Bildungsbericht 2023 zeigen Schülerinnen und Schüler aus Basel-Stadt im Vergleich zu anderen Kantonen der Schweiz bereits auf der Primarstufe einen Rückstand in Bezug auf ihre Lesekompetenz.

Angesichts dieser Erkenntnisse ist es entscheidend, bei der Integration digitaler Technologien in den Unterricht eine sorgfältige Abwägung zwischen den Chancen und potenziellen Risiken vorzunehmen. Eine ausgewogene Integration digitaler Technologien in den Schulunterricht kann zu einer modernen und zukunftsorientierten Bildung führen und die Lernerfahrungen der Schülerinnen und Schüler bereichern. Eine Digitalisierungsstrategie sollte dabei nicht nur die Fragen der Geräteanforderungen (Hardware/Software) und deren Beschaffung und Finanzierung adressieren, oder die Art und Weise, wie die Lehrkräfte die digitalen Technologien und Medien in ihren Unterricht integrieren (Didaktik/Methodik), sondern einen ganzheitlichen und wissenschaftliche fundierten Ansatz verfolgen.

Potenzielle Risiken müssen bedacht werden, um den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler nicht zu beeinträchtigen. Die Entwicklung einer kantonalen Digitalisierungsstrategie, die den Teilautonomen Schulstandorten übergeordnet ist, ist entscheidend, um die positiven Potenziale der Digitalisierung optimal im schulischen Umfeld nachhaltig zu nutzen. In diesem Zusammenhang ist es auch entscheidend, dass die Arbeit mit digitalen Geräten und KI im Unterricht kontinuierlich evaluiert und angepasst wird, um den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler sowie den Ansprüchen der Lehrpersonen im Wandel der Zeit gerecht zu werden und den Lernerfolg der Kinder und Jugendlichen tatsächlich zu fördern. Es wäre fatal, in der Zukunft aufzuwachen und festzustellen, dass ein Lernabbau erfolgt ist und die Kinder und Jugendlichen den sozialen Draht zueinander und zu ihren Lehrkräften verloren haben, während sie mit gesundheitlichen Problemen kämpfen.

Im Hinblick auf die Entwicklung einer evidenzbasierten kantonalen Digitalisierungsstrategie bitte ich den Regierungsrat um Beantwortung folgender Fragen, die alle Schulstufen, deren Bedürfnisse und den entsprechenden Bedarf berücksichtigen sollen:

  1. Welche konkreten Massnahmen werden ergriffen, um eine kontinuierliche Evaluation und Anpassung des Einsatzes digitaler Geräte und Medien im Unterricht einschliesslich KI sicherzustellen und wie werden Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler in diesen Prozess eingebunden? In diesem Zusammenhang: Wie werden Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler auf einenverantwortungsbewussten Umgang mit KI vorbereitet und begleitet?
  2. Wie ist geplant die Lernergebnisse und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler bei der Integration digitaler Technologien im Unterricht zu bewerten und gegebenenfalls zu verbessern? In diesem Zusammenhang: Wie werden bereits bekannte negativen Effekte der Digitalisierung auf das Lernen korrigiert?
  3. Wie werden potenzielle Risiken und Gefahren im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Geräte im Unterricht adressiert und minimiert (z.B. Cybermobbing, Datenschutz, gesundheitliche Auswirkungen)?
  4. Wie wird die Balance zwischen dem Einsatz digitaler Geräte und Medien sowie traditionellen Unterrichtsmethoden gefunden, um einen ganzheitlichen Lernansatz zu gewährleisten und eine Verminderung der sozialen Interaktion und des sozialen Lernens zu vermeiden?
  5. Welche spezifischen pädagogischen und didaktischen Fragestellungen sind bei der Nutzung digitaler Geräte im Unterricht zu beachten, damit Unterrichtsformen verfolgt werden, die ein besseres Erreichen von Lernzielen zur Folge haben?
  6. Welche Schulungen und Fortbildungen benötigen Lehrpersonen, um digitale Geräte und Medien effektiv im Unterricht einzusetzen? Wie wird sichergestellt, dass die Lehrpersonen umfassende Fortbildungen und zeitliche Ressourcen erhalten, und wie werden Lehrpersonen in der Praxis unterstützt?
  7. Wie wird die Ablenkung durch digitale Geräte im Unterricht minimiert und Missbrauch vermieden und wie kann der Herausforderung beispielsweise in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler begegnet werden?
  8. Wie werden digitale Medien genutzt, um unterschiedliche Lernbedürfnisse und -stile der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen und Chancengleichheit zu gewährleisten – dies auch im Hinblick auf Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen?
  9. Auf welcher Grundlage werden wirksame digitale Lernmaterialien bewertet, und wie wird sichergestellt, dass diese Bewertung den aktuellen pädagogischen, didaktischen und wissenschaftlichen Standards entspricht?
  10. Wie wird der aktive Austausch mit Wirtschaftsvertretern sichergestellt und wie werden die gewonnenen Erkenntnisse in die Lehr- und Ausbildungspläne bzgl. der Integration von KI und der Digitalisierung im Bildungswesen einbezogen, um die zukünftigen Bedürfnisse der Wirtschaft effektiv zu berücksichtigen?
  11. Ist der Regierungsrat bereit, eine evidenzbasierte, nachhaltige Digitalisierungsstrategie für den Kanton Basel-Stadt zu entwickeln, die den Teilautonomen Schulstandorten übergeordnet ist und die Chancen und Risiken der Digitalisierung ganzheitlich berücksichtigt?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Online: Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäft 20.5266
Anzug Sarah Wyss und Sandra Bothe betreffend Einführung eines wirklichen BYOD’s oder Systemwechsels
https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200110394

Studie: Lesen im 21. Jahrhundert: Lesekompetenz in einer digitalen Welt (Fokus Deutschland)
https://www.oecd.org/pisa/PISA2018_Lesen_DEUTSCHLAND.pdf
Link zum OECD-Gesamtreport:
https://www.oecd.org/pisa/publications/21st-century-readers-a83d84cb-en.htm

Stellungnahme Karolinska Institut bzgl. Digitalisierungsstrategie für Schweden:
https://die-pädagogische-wende.de/wp-content/uploads/2023/07/Karolinska-Stellungnahme_2023_dt.pdf

Bildquelle: lgr.ch

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