Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

Schlagwort: Digitale Matura

Prüfungsformate für die Matura 2024

Grosser Rat 24. Januar 2024: Interpellation Sandra Bothe-Wenk betreffend den verschiedenen Prüfungsformate für die Maturaprüfungen SJ 23/24


Die Antwort der Regierung zu den verschiedenen Prüfungsformaten und dem Pilotversuch betreffend die digitale Maturitätsprüfung ist differenziert und ich anerkenne ausdrücklich die Bemühungen und den Zusatzaufwand der involvierten Schulleitungen, Lehrpersonen und des Verwaltungspersonals.

Einige Überlegungen, aber auch Bedenken, möchte ich dennoch erneut hervorheben. Die Kommunikation bezüglich dieses Pilotprojekts wurde von einigen Betroffenen als unglücklich wahrgenommen und hat deshalb zur Verunsicherung geführt. Insbesondere als besorgniserregend wurde die Einführung neuer Regelungen während des laufenden Schuljahres empfunden, anstelle einer Ankündigung im Vorfeld des neuen Schuljahres.

In Anbetracht der knappen verbleibenden Zeit bis zu den kommenden Maturprüfungen 2024, der fortgeschrittenen Projektphase und dem Stand der Vorbereitungen der Schülerinnen und Schüler erscheint mir aber eine weitere Infragestellung des Pilots als unangebracht, da dies die Verunsicherung nur vergrössern würde.

Allerdings möchte ich, gestützt auf mehrere Gespräche zu diesem Thema, erneut auf den zentralen Aspekt der Bedenken hinweisen. Dieser besteht in der vorhandenen Ungleichheit bezüglich der Voraussetzungen für die Schülerinnen und Schüler des gesamten Prüfungsjahrgangs. Während die Gleichbehandlung innerhalb einer Klasse für die Prüfung gewährleistet ist, ist diese kantonal nicht gleich gegeben, weil vier unterschiedliche Formate für die schriftlichen Maturitätsprüfungen vorgegeben werden. Eine zusätzliche Herausforderung besteht darin, wie die Integrität und Redlichkeit von digitalen Prüfungen angesichts der zahlreichen Möglichkeiten für unerlaubtes Spicken, die sich durch den Einsatz privater Laptops ergeben, sichergestellt werden kann. Dies betrifft zum Beispiel die Verwendung unsichtbarer Ordner oder Dokumente auf dem Desktop. Auch bleibt der pädagogische Mehrwert einer Kollaborationszeit, die eine Woche vor der Maturitätsprüfung stattfindet, unklar.  Und kritisch betrachtet wird, dass die betroffenen Klassen das Thema der schriftlichen Maturität schon eine Woche im Voraus kennen, auch wenn die einzelnen Aufgaben nicht bekannt sind.
In Anbetracht der angesprochenen Punkte ist es entscheidend, die durchgeführten Pilotversuche zeitnah zu evaluieren, Ungleichheiten zu identifizieren und künftig eine frühzeitige Kommunikation sicherzustellen.

Eine grundlegende Anmerkung ist mir noch wichtig: Bei der zunehmenden Übertragung der Verantwortung für die Definition von digitalen Standards an Schulleitungen und somit an Lehrpersonen ist es wünschenswert, dass alle Lehrkräfte vergleichbare Qualifikationen im digitalen Bereich besitzen. Dies ist entscheidend, um eine gleichmässige Entwicklung digitaler Kompetenzen zu gewährleisten und somit eine chancengleiche Bildung für alle Schülerinnen und Schüler zu sichern. Insbesondere wenn in Zukunft die Maturitätsprüfungen digital durchgeführt werden sollen. Aus diesem Grund sollte für alle Lehrpersonen der verbindliche Zugang zu standardisierten Weiterbildungsprogrammen gewährleistet sein.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Online: Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäft 23.5623, Antwort der Regierung:
https://grosserrat.bs.ch/dokumente/100406/000000406401.pdf

Bildquellehttps://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/digitale-schule-stuttgart-leonberg-bw-100.html

Digitale Maturaprüfung

Digitale Maturaprüfungen «Es geht hier nicht um irgendein Testli» titelt Michelle Isler von Bajour ihren Artikel vom 6. Dezember 2023 zu meiner Interpellation. Im Frühjahr schreiben 27 Gymi-Klassen zum ersten Mal digitale Maturaprüfungen. Dass bei diesem Pilotversuch des Erziehungsdepartements gleich vier verschiedene Prüfungsmodelle getestet werden sollen, wirft bei mir Fragen auf. Diese sollen vorab geklärt werden.

Zum Artikel geht es online hier: https://bajour.ch/a/clpsik97i402222sgwt7d5q8sh/glp-grossraetin-sandra-bothe-es-geht-hier-nicht-um-irgendein-testli


Interpellation betreffend den verschiedenen Prüfungsformate für die Maturaprüfungen SJ 23/24

Aus den Medien war zu erfahren, dass im laufenden Schuljahr im Mai/Juni 2024 mehrere Basler Gymnasialklassen, als Pilotversuch, ihre Maturitätsprüfungen digital absolvieren sollen. In Diskussionen äusserten sich hierzu ebenso Gymnasiastinnen und Gymnasiasten wie auch Lehrkräfte besorgt. Es ist vorgesehen, dass vier verschiedene Prüfungsmodelle für denselben Maturitätsjahrgang angewandt werden.

  1. Traditionell analog
  2. Traditionell digital
  3. Neues Prüfungsformat mit zusätzlichen Hilfsmitteln ohne Kollaboration/Kommunikation
  4. Neues Prüfungsformat mit kollaborativen Anteilen

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Prüfungsformaten erscheinen enorm: von der herkömmlichen Prüfung (z.B. Aufgabenstellung und Lösungen auf Papier) über eine digitale Prüfung mit eigenen Geräten unter identischen Bedingungen wie jene der analog geprüften JahrgangskollegInnen (z.B. Aufsatz BYOD geschrieben ohne Rechtschreibeprogramm), über Prüfungen mit eigenen Geräten und zusätzlichen Hilfsmitteln (Rechtschreibeprogramm, Grafikprogramm in BG), bis hin zu digitalen Prüfungen mit einer gemeinsamen Vorbereitungszeit, die eine Woche vor den eigentlichen schriftlichen Prüfungen stattfindet. Diese Vorbereitungszeit dient dem kollaborativen Erarbeiten von Recherchematerial, welches dann an der Prüfung verwendet werden kann. Auch die zur Verfügung stehenden Hilfsmittel unterscheiden sich: Die Maturitätsprüfungen der diesjährigen Abschlussklassen werden einerseits, wie bis anhin, auf Papier geschrieben und andererseits auf privaten Geräten, die sich erheblich unterscheiden können. Es stehen zudem nicht allen, die die privaten Geräte nutzen, die gleichen Programme zur Verfügung.

Fragen ergeben sich in Bezug auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage Jenny Schweizer betreffend «einheitliche Maturaprüfungen an den Kantonalen Gymnasien in den Fächern Deutsch, Französisch, Englisch und Mathematik». Der Regierungsrat führt aus:

«Im Bildungsraum Nordwestschweiz (Aargau, Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Solothurn) werden die Maturitätsprüfungen seit dem Schuljahr 2013/2014 harmonisiert durchgeführt. Das heisst, innerhalb einer Schule lösen die Schülerinnen und Schüler in jedem Fach die gleichen schriftlichen Prüfungsaufgaben. Damit die Anforderungen von Schule zu Schule vergleichbar sind, werden die Aufgaben von einer kantonalen Instanz, den Ressortleitenden und den Ressortgruppen, begutachtet und im Vorfeld genehmigt. Basis für diese Arbeiten sind die «Kantonalen Rahmenvorgaben für die schriftlichen Maturitätsprüfungen».

In diesem Kontext liegen Bedenken hinsichtlich Chancengleichheit und Rechtssicherheit auf der Hand und den nachfolgenden Fragen an den Regierungsrat zu Grunde.

  1. Wurden die geplanten Prüfungsmodelle für das kommende Jahr im Rahmen der Prüfungsvorbereitung bereits mit den aktuellen Maturklassen als „Trockenübung“ durchgeführt?
    • Falls ja, gibt es signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Prüfungsformaten?
    • Falls es keine solche „Trockenübung“ im Unterricht gab, wie stellt der Regierungsrat die Chancengleichheit und Vergleichbarkeit der Leistungen der SuS sicher?
  2. Nach welchen Kriterien erfolgt die Zuordnung der vier verschiedenen Prüfungsformate zu den Schulen, Fächern und Klassen?
  3. Welches der genannten Prüfungsmodelle wird angewendet, wenn bei einem der neuen Prüfungsformate Probleme auftreten (z. B. WLAN-Ausfall, BYOD-Gerätedefekt, unvorhergesehene Probleme bei der Bedienung des Prüfungssoftware oder des Browsers)?
  4. Warum finden beim Modell D) kollaborative Vorbereitungszeit eine Woche vor den schriftlichen Maturitätsprüfungen statt und welche Regeln und Richtlinien gelten für die Vorbereitungsphase bis zur effektiven Maturitätsprüfung?
  5. Welchen pädagogischen Mehrwert erwartet der Regierungsrat durch den Versuch, die Abschlussprüfungen gleichzeitig in unterschiedlichen digitalen Formaten durchzuführen?
  6. Entsprechen die vielfältige Methodik und die Verwendung unterschiedlicher Prüfungsformate den Kriterien der Verordnung betreffend die Maturitätsprüfungen im Kanton Basel-Stadt (SG 413.820), insbesondere §15 (Einheitlichkeit von Inhalt, Gestaltung und Bewertung) und §16 (ständige Beaufsichtigung der schriftlichen Prüfung, inklusive kollaborativer Vorarbeiten)?
  7. Liegt eine Bewilligung der Schweizerischen Maturitätskommission zur Durchführung eines Schulversuchs gemäss Art. 19 Abs. 1 der Verordnung über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (SR 413.11) vor?
  8. Erwartet der Regierungsrat aufgrund des vorgesehenen Versuchsprojekts eine erhöhte Anzahl von Rekursen?
  9. Welche Kriterien und Massstäbe gelten für die Evaluation der Ergebnisse und werden alle Formate aus dem Pilotprojekt einbezogen?
    • In diesem Kontext: Soll durch das Projekt, die Abschlussprüfungen zu digitalisieren, Einfluss auf den erteilten Unterricht an den Schulen genommen werden?

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Online: Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäft 23.5623
https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200112910

Bildquellehttps://www.bazonline.ch/schattenseiten-der-digitalisierung-mathe-lehrer-wehrt-sich-gegen-digitale-matura-pruefungen-804718032985

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