Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

Schlagwort: Bildungsqualität

Teilautonomie an Schulen

Der Schulstart nach den Sommerferien hat das Thema Lehrpersonenmangel erneut in den Medienfokus gerückt.

Auch der Dachverband der CH-Lehrerinnen und Lehrer spielt in seiner Medienmitteilung vom 10. August 2023 auf die zentrale Rolle der Arbeitsbedingungen an. Der LCH plant im Herbst eine Kampagne «Aktion Bildungsqualität», um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und die Politik zu konkreten Massnahmen zu bewegen.

Zur Medienmitteilung des LCH geht es online hier: https://www.lch.ch/fileadmin/user_upload_lch/Aktuell/Medienmitteilungen/2308_Medienmitteilung_Schulstart_LCH-SER.pdf 

Mit dem vorliegenden Vorstoss wird die Aufforderung an die Politik aufgegriffen und die Belastungsfaktoren im Lehrberuf hinterfragt, die durch die Einführung der Teilautonomie verursacht werden. Diese hat nicht nur direkte Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte und Schulleitungen, sondern auch auf die Bildungsqualität sowie die Kostenentwicklung im Bildungsbereich.

Monitoring Sicherstellung Schulpersonal

Grosser Rat 20. Oktober 2022: Votum betreffend Monitoring zur Sicherstellung von ausreichend und qualifizierten Lehr- und Fachpersonen sowie Schulleitungen für die Basel-Städtischen Schulen

Ich freue mich, dass der Vorstoss mit grosser parlamentarischer Unterstützung aus allen Fraktionen überwiesen wurde und bedanke mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Grossen Rat, die von Beginn weg bereit waren, das wichtige Anliegen mitzutragen.

Der Fachkräftemangel wird uns die nächsten Jahre begleiten. Eine transparente Dokumentation kann helfen, Schwerpunkte zu setzen, um dem Mangel nicht nur zu begegnen, sondern ihn im besten Fall mit gezielten Massnahmen zu bekämpfen.


Im Mai dieses Jahres hat der Schweizer Dachverband der Lehrpersonen darauf aufmerksam gemacht, dass in den Kantonen datenbasierte regelmässige Erhebungen in Bezug auf den Lehrermangel fehlen.

Das ist bisher auch in Basel so.

In Anbetracht der prekären Lage bezüglich des Fachkräftemangels, ist eine detaillierte jährliche Übersicht über die Anstellungs-Situation der kantonalen Lehr- und Fachpersonen im Schulbereich notwendig – und dies nicht erst auf Anfrage und Bitten darum.

Die aktuellen Szenarien bis 2031 für die obligatorische Schule des Bundesamtes für Statistik zeigen auf, dass der Mangel in der Nordwestschweiz auch zukünftig gross bleiben wird. Die neuausgebildeten Lehrpersonen können die anstehenden Pensionierungen nicht vollumfänglich kompensieren – abgesehen von den Kündigungen, die aufzufangen sind.Die Bildungsqualität soll nicht durch unqualifiziertes Personal sichergestellt werden. Der Kanton Basel-Stadt ordnet sich schon heute bei den schulischen Leistungserhebungen der Kinder regelmässig am Schweizer Schlusslicht ein.

Auch Lehrpersonen in Ausbildung, können nicht im gleichen Mass den Job von ausgebildeten Lehrpersonen ausüben. Gerade sie brauchen fachkundiges Coaching – und eben dafür wiederum benötigen wir genug Fachpersonal.

Der Einstieg in den Lehrberuf soll also gut gelingen. Das ist wichtig für das Berufsimage und natürlich, damit die bedeutsame Aufgabe lange ausgeübt wird.

Ich bin der Meinung, dass es höchste Zeit ist, sich vertieft Gedanken über die unguten Vorzeichen einer sich anbahnenden Problematik bezüglich des Lehrermangels zu machen. Gezielte Massnahmen für unseren Kanton sind jetzt zu überlegen.

Es geht also darum den Regierungsrat zu verpflichten, mindestens jährlich über die Stellensituation von Lehr- und Fachpersonen detailliert Auskunft zu geben – und zwar in Bezug auf die Quantität aber eben auch auf die Qualität der Anstellungen.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Medienberichte und -Mitteilungen:
https://www.lch.ch/aktuell/detail/kantonale-vorstoesse-gegen-den-lehrermangel-lanciert
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/dachverband-nimmt-politik-bei-lehrermangel-in-die-pflicht-66175619
https://telebasel.ch/2022/08/09/keiner-weiss-wie-prekaer-die-situation-in-den-schulen-wirklich-ist/?channel=105100

Bildquelle:
www.tagesspiegel.de/berlin/klassenzimmer-schueler

Monitoring Lehrpersonenmangel

Am 23. April 2022 hat die Präsidentenkonferenz des Dachverbands für Lehrer und Lehrerinnen Schweiz  (LCH) getagt. Franziska Peterhans, Zentralsekretärin LCH, informierte die Präsidentinnen und Präsidenten über einen Vorstoss im Kanton Aargau. Dieser fordert die Regierung auf, mit einem Monitoring zu erheben, wie viele Stellen mit adäquat ausgebildeten und qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern besetzt werden konnten. Hintergrund des Vorstosses ist der sogenannte qualitative Lehrpersonenmangel.

Koordinierte Aktion 

Daraufhin hat die Geschäftsleitung des  LCH den Präsidentinnen und Präsidenten vorgeschlagen, ähnlich lautende Vorstösse in weiteren Kantonen zu lancieren.
«Eine konzertierte Aktion wäre eine griffige Möglichkeit, um endlich an diese Daten zu kommen», unterstrich Peterhans. «Wenn man Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel ergreifen will, muss man wissen, wo der Hebel anzusetzen ist.»
Das Anliegen wurde dann in der Abstimmung von einer grossen Mehrheit der Mitglieder befürwortet. 

Auch im Kanton Basel-Stadt existiert aktuell kein datenbasiertes Monitoring bezüglich des qualifizierten Lehrermangels. Deshalb wurde ein überparteilicher Vorstoss von der GLP, EVP, BastA und SP zur Datenerhebung erarbeitet. Der Anzug wird von Unterstützenden aus allen Parteien mitgetragen, wofür wir uns bedanken.


Anzug betreffend Monitoring zur Sicherstellung von ausreichend und qualifizierten Lehr- und Fachpersonen sowie Schulleitungen für die Basel-Städtischen Schulen

Der Mangel an adäquat ausgebildeten Lehr- und Fachpersonen an Schulen ist schweizweit ein Thema. Andere Kantone publizieren dazu ihre Zahlen: So fehlen im Kanton Luzern aktuell 233 Lehrpersonen, im Kanton Zürich sind es rund 950 und im Kanton Bern rund 500 Lehrpersonen. Der Kanton Basel-Stadt publiziert dazu keine Zahlen.

Gute Schulen brauchen angemessen ausgebildete Lehrpersonen und qualifizierte Fachpersonen in genügender Anzahl. Infolge von Pensionierungen und Kündigungen verlassen tendenziell mehr Schulpersonal die Volksschule als an den Pädagogischen Hochschulen ausgebildet werden. Ausserdem streben jüngere Lehrpersonen, die in den Beruf einsteigen, häufig ein Teilzeitpensum an und verbleiben weniger lang im Beruf.

In seiner Antwort auf die Schriftliche Anfrage von Kerstin Wenk vom 16. Dezember 2020 betreffend die Anstellungen von Lehrpersonen hält der Regierungsrat fest, dass im Jahr 2019 160 Lehrpersonen der Volksschule gekündigt haben. In den vorangehenden Jahren waren es 114 Personen (2017) bzw. 147 Personen (2018). Zudem unterrichteten im Schuljahr 2020/21 an der Volksschule 240 Personen ohne ein von der EDK anerkanntes Diplom.

Solange ein installiertes Monitoring fehlt, das darstellt, wie viele Lehr- und Fachpersonen jährlich ihren Arbeitsvertrag auflösen, wie viele Stellen nicht bzw. mit nicht adäquat qualifizierten oder mit unqualifizierten Personen besetzt und wie viele Stellen von Studierenden bzw. Pensionierten übernommen werden, kann nicht beurteilt werden, ob nicht auch in Basel-Stadt ein akuter Lehrpersonenmangel herrscht.

Nur wenn Daten gesammelt, systematisch aufbereitet, analysiert und interpretiert werden, können sinnvolle Massnahmen beschlossen und nachhaltige Steuerungsentscheide getroffen werden. Ein Monitoring in diesem Sinne würde auch helfen, vorgeschlagenen Massnahmen weiterzuentwickelnSchliesslich hängt die Qualität des Bildungssystems respektive das Erreichen der Bildungsziele zu einem wesentlichen Teil von adäquat ausgebildeten Lehrpersonen und Schulleitungen ab. Ein Monitoring legt die Basis, von der ausgehend eine datengestützte Strategie formuliert und entsprechende Massnahmen geplant werden können, die nicht nur den Bedarf an Lehr- und Fachpersonen und Schulleitungen decken, sondern auch deren Ausbildungsstand berücksichtigen.

Ausgehend von dieser Darlegung bitten die Anzugsstellenden den Regierungsrat, ein Monitoring einzurichten, das die Besetzung von Stellen von Lehr- und Fachpersonen sowie den Schulleitungen an den Volksschulen von Basel-Stadt jeweils zu Beginn des neuen Schuljahres aufzeigt und über folgende Punkte informiert:

  • Wie viele Stellen mit adäquat ausgebildeten Lehr- und Fachpersonen sowie Schulleitungen jährlich besetzt werden, aufgeschlüsselt nach Schulstufen
  • Wie viele Stellen jährlich an den verschiedenen Schulstufen mit Personen, die nicht über ein EDK-anerkanntes Diplom verfügen, besetzt werden
  • Wie viele Stellen davon von Studierenden bzw. von Pensionierten besetzt werden, nach Schulstufe aufgeschlüsselt
  • Wie viele Arbeitsverhältnisse im Lehr- und Fachpersonen und bei den Schulleitungen jährlich aufgelöst werden, aufgeschlüsselt nach Schulstufen
  • Wie viele Stellen jährlich an den verschiedenen Schulstufen nicht besetzt werden können.

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Medienberichte und -Mitteilungen:
https://www.lch.ch/aktuell/detail/kantonale-vorstoesse-gegen-den-lehrermangel-lanciert
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/dachverband-nimmt-politik-bei-lehrermangel-in-die-pflicht-66175619

Bildquelle:
www.tagesspiegel.de/berlin/klassenzimmer-schueler

Evaluation und Beruhigung der Integrativen Schule

Der Regierungsrat hat die Abschreibung des Vorstosses empfohlen. Ich habe mich für Stehenlassen stark gemacht, weil ich der Meinung bin, dass die getroffenen Massnahmen nicht zur Beruhigung geführt haben und die Evaluation nicht abgeschlossen ist. Die Fachgruppenleiterin Bildung der Grünliberalen Basel-Stadt, Christine Staehelin, hat massgeblich am Entwurf zum Votum mitgearbeitet, wofür ich mich bedanke. Basierend auf der Empfehlung hat die Fraktion dem Antrag zum Stehenlassen folgen können.


Grosser Rat 16. Februar: Votum betreffend Anzug Annemarie Pfeifer Evaluation und Beruhigung der integrativen Schule

Mit ihrem Anzug verlangen Annemarie Pfeifer und Konsorten sowohl die Evaluation der integrativen Schule als auch deren Beruhigung. Tatsächlich wurden verschiede Massnahmen auch zur Beruhigung eingeführt, beispielsweise die Einführungsklassen, das Timeout-Angebot, spezielle Förderräume, spezifische Sprachförderungs-Klassen – sogenannte SSR-Klassen. Ausserdem wurden die Ressourcen für Logopädie und Psychomotorik aufgestockt.

Mit diesen Massnahmen sollen die Lehr- und Fachpersonen unterstützt, der Schulalltag beruhigt und das gesamte Schulsystem entlastet werden. Deshalb beantragt der Regierungsrat, den Anzug abzuschreiben. Aber haben all diese Massnahmen tatsächlich zu einer Beruhigung des Schulalltags geführt?

Die Ressourcen von 2 Millionen, die beispielsweise für Einführungsklassen gesprochen wurden, werden aktuell für ganz unterschiedliche, grösstenteils individuelle Fördermassnahmen verwendet; Einzelne Kinder werden also individuell oder in kleinen Gruppen gefördert, die dann nicht am Unterricht der Klasse teilnehmen.

Das gleiche gilt für jene Schülerinnen und Schüler, die ein Time-Out-Angebot besuchen oder individuelle Förderräume. Auch Kinder, die in SSR-Klassen beschult werden, besuchen nicht während der gesamten Unterrichtszeit den Klassenunterricht. Wenn die Ressourcen für die Logopädie und die Psychomotorik aufgestockt werden, dann werden vermehrt Schulstunden für diese Therapiestunden genutzt und diese Schülerinnen und Schüler besuchen dann den Regelunterricht ebenfalls nicht.

War eine Klasse ursprünglich der Ort, wo alle Kinder beschult wurden, ist sie heute ein Ort des Kommens und Gehens.

Während ein Kind die Logopädie besucht und eine weitere Gruppe durch die Schulische Heilpädagogin gefördert wird, unterrichtet die Lehrperson jene Schülerinnen und Schüler, die in der Klasse verbleiben. Wegen dem Kommen und Gehen ändert im Verlauf des Schulmorgens die Gruppezusammensetzung manchmal mehrmals. Die Klassenlehrpersonen unterrichtet ihre Klasse infolgedessen oft nicht als Ganze. Abgesehen davon, dass dies unzählige Absprachen fordert und einiges an Organisationstalent voraussetzt, nehmen mehrere Kinder gar nicht mehr in vollem Umfang am Klassenunterricht teil und verpassen damit auch vieles.Mit einer Beruhigung des Schulalltags hat dies nichts mehr zu tun. Das System wird nicht entlastet, sondern an die Grenzen seiner Funktionsfähigkeit gebracht. Die Belastung der integrativen Schule zeigt sich auch darin, dass offenbar immer mehr Kinder einen Förderbedarf ausweisen und dagegen dann wiederum Massnahmen ergriffen werden. Anstatt dass die Regelschule ein Ort des Lernens für alle ist, ist sie ein Ort für wenige geworden, die ihren Anforderungen ohne zusätzliche Unterstützung gewachsen sind. 

Wenn nun der Regierungsrat von Massnahmen spricht, die zu einer Entlastung des Systems führen sollen, dann stellt sich auch die Frage, was denn das System belastet.
Die Kinder?

Gegen diese Ansicht wehrt sich die GLP vehement. Eine Schule, die nicht mehr für die meisten Kinder ein Ort des Lernens sein kann, soll nicht davon ausgehen, dass die Kinder zunehmend nicht mehr passen, sondern sie muss ihre eigene Funktionsweise und jene Reformen, die zu dieser Situation geführt haben, grundsätzlich hinterfragen.

Auch weil dies in der Konsequenz Einfluss auf die Bildungsqualität der Schulen hat. Auf die Tatsache, dass die Schule von den Lehr- und Fachpersonen und von den Schülerinnen und Schülern zunehmend als Ort der Be- und Überlastung und des Drucks wahrgenommen wird, muss dringend reagiert werden.

Doch die eingangs beschriebenen Massnahmen sind wohl noch nicht die richtigen Antworten zur Beruhigung der integrativen Schule. Sie führen nur zu mehr Diagnosen, zu noch mehr Absprachen und mehr Administrations- und Organisationsaufwand.

Der Schlussbericht zur Systemevaluation über die Wirksamkeit der integrativen Volkschulen erfolgt wiederum erst im 2023. Auf diese Resultate sind wir Grünliberalen gespannt. Auch deshalb empfehlen wir den Anzug stehen zu lassen – und – bis jene Antworten gefunden und jene Massnahmen getroffen sind, die die Schule wieder zu einem Ort für die aller meisten macht und für die ganz wenigen, die einer besonderen Förderung bedürfen, spezielle Angebote bereitstellt, die auf ihre ganz spezifischen Bedürfnisse eingehen.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Bericht zum Regierungsratsbeschluss zum Anzug Annemarie Pfeifer und Konsorten betreffend Evaluation und Beruhigung der Integrativen Schule
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100395/000000395589.pdf

Bildquelle:
https://www.nzz.ch/schweiz/schule-kritik-an-integrativem-unterricht-ruf-nach-kleinklassen-ld

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