Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

Schlagwort: Bildung

Digitalisierungsstrategie für die Zukunft des Lernens

Bevor wichtige Schulpolitische Entscheidungen getroffen werden, sollte man sich über die Forschungsergebnisse informieren!

Angesichts fehlender evidenzbasierter Erkenntnisse über die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Schulleben und bestehender negativer Zusammenhänge zwischen der Nutzungsdauer digitaler Geräte und den Schulleistungen, bitte ich den Regierungsrat im Hinblick auf die Entwicklung einer evidenzbasierten kantonalen Digitalisierungsstrategie für den Unterricht an Basler Schulen um die Beantwortung einiger Fragen, die alle Schulstufen, deren Herausforderungen und Bedürfnisse und den entsprechenden Bedarf berücksichtigt. Chancen und Risiken der Digitalisierung sind sorgfältig abzuwägen, um nachhaltige Massnahmen und Konzepte für das erfolgreiche moderne Lehren und Lernen abzuleiten.

Von der Basler Zeitung wurde ich gefragt, welche Überlegungen meinem Vorstoss zu Grunde liegen.

Zum Artikel geht es online hier: https://www.bazonline.ch/die-haelfte-der-schueler-wird-einen-beruf-haben-den-es-heute-noch-nicht-gibt-484439894026

Dabei habe ich folgende Fragen beantworten dürfen:

Wo stehen die Basler Schulen derzeit bei der Digitalisierung?

Ich meine, es kommt auf die Fragestellung zur Digitalisierung an. Geht es um die Ausrüstung der Schulen bezüglich Hardware und Software, sind wir in Basel wohl gut dabei. So verstehe ich jedenfalls den Bericht der Regierung zu meiner Motion/Anzug betreffend die Einführung eines wirklichen BYOD’s oder Systemwechsels.
Hier geht es online zum Bericht: https://grosserrat.bs.ch/dokumente/100404/000000404334.pdf

Inwieweit wir in unserem Kanton die neue digitale Technologie evidenzbasiert einsetzen oder welche Massnahmen und Konzepte an welchen Schulstandorten angewendet werden, kann ich hingegen nicht beantworten. Meine Schriftliche Anfrage soll dazu Auskunft geben.

Sie gehen das Thema Digitalisierung und Lernen ganzheitlich an: Kann man daraus schliessen, dass es derzeit in Sachen Schulen und Digitalisierung an allen Ecken und Enden fehlt?

Meines Wissens fehlt es an einer kantonalen evidenzbasierten Digitalisierungsstrategie in der Bildung.  Hingegen gehe ich davon aus, dass schulstandortbezogene Konzepte für die Einführung von Digitalen Geräten und deren Nutzung sowie Richtlinien bezüglich der Anwendung existieren.
Bei einer Digitalisierungsstrategie sollte aber im Zentrum stehen, dass sie auf solider Forschung basiert, die belegt, dass digitale Technologie in der Bildung einen Mehrwert hat und die Schülerinnen und Schülern in der Konsequenz einen höheren Lernerfolg ausweisen.

Falls ja: Was fordern Sie, dass sich das ändert?

Wir brauchen eine auf Fakten basierende kantonale Digitalisierungsstrategie. Bildungsentscheidungen sollen nicht einfach aus der Luft gegriffen sein, sondern auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Wir müssen sicherstellen, dass die Schulen nicht von einer euphorischen Digitalisierungswelle überrollt werden. Deshalb sind die Chancen und Risiken der zunehmenden Nutzung digitaler Medien an Schulen sorgfältig abzuwägen, um sicherzugehen, dass die Schülerinnen und Schüler wirklich davon profitieren und sie aufgrund des Einsatzes der digitalen Technologie einen effektiven Lernzuwachs haben, ohne Schaden daran zu nehmen.

Es wäre fatal, in der Zukunft aufzuwachen und festzustellen, dass ein Lernabbau erfolgt ist und die Kinder und Jugendlichen den sozialen Draht zueinander und zu ihren Lehrkräften verloren haben, während sie mit gesundheitlichen Problemen kämpfen. Meine Forderung ist deshalb heute und nicht erst morgen sicherzustellen, dass die Digitalisierung in unseren Schulen vernünftig, verantwortungsbewusst und evidenzbasiert gestaltet wird.

Es macht keinen Sinn einfach vorwärts zu stürmen –ohne evidenzbasierte kantonale Digitalisierungsstrategie. Das ist naiv.

Die UNESCO warnt und betont, dass vermeintlich positive Auswirkungen der Digitalisierung im Bildungswesen auf Lernergebnisse möglicherweise überbewertet sind und nicht jede Innovation zwangsläufig ein Fortschritt ist. Ebenso warnt das Karolinska Institut die schwedische Bildungsbehörde in einer Stellungnahme zur Digitalisierungsstrategie. Auch die OECD schreibt in ihrem Bericht zur Digitalisierung über negative Folgen. Und die NZZ hat sich Ende Juni der Problematik der unheilvollen Turbodigitalisierung im schulischen Bereich angenommen.

Der verantwortungsbewusste Umgang mit KI ist ebenso Thema in ihrem Vorstoss – bei der KI gibt es derzeit rasante Entwicklungen und Neuerungen. Was ist Ihrer Meinung nach der richtige politische Weg, um dem gerecht zu werden?

Die KI ist die grösste ethische und anthropologische Herausforderung, der wir uns stellen müssen, denn sie stellt letztlich die Frage, was den Unterschied zwischen dem Menschen und der Maschine ausmacht. Die Schule als Ort der Weitergabe von Kultur mit ihren zentralen Themen «Wissen», «Können» und «Lernen» ist davon im Kern betroffen.

Ein grundlegender Aspekt für die Zukunft bleibt deshalb die Förderung des kritischen eigenständigen Denkens bei Schülerinnen und Schülern. Das menschliche Forschungsinteresse darf nicht vernachlässigt werden, denn digitale Transformation ist lediglich ein Mittel zum Zweck. Aus diesem Grund bleibt die Betonung von Grundlagenfächern in der Schule weiterhin von grosser bildungspolitischer Relevanz. Die Vermittlung von Schulsprache, Mathematik und Naturwissenschaften sollte in den Lehrplänen verstärkt werden.

Das ist ebenfalls eine politische Forderung, die ich mit meinem Anzug betreffend die Überarbeitung der Bildungsstrategie beim Fremdsprachenunterricht an der Volksschule zur Stärkung der Grundlagefächer bereits verfolge.
Zum Vorstoss geht es online hier:  https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200112439

Bemerken möchte ich weiter: Die Einführung der Fremdsprachenstrategie mit dem damaligen Lehrmittel für den frühen Spracherwerb in Französisch war ungenügend evidenzbasiert. Auch in einigen anderen Kantonen wurden mittlerweile Vorstösse eingereicht, da die Strategie und darauf aufbauende Konzepte nicht den gewünschten Erfolg in Bezug auf die Kompetenzen und Leistungen der Schülerinnen und Schüler zeigen. Um eine weitere Situation dieser Art zu verhindern, liegt es in der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger, sich für eine evidenzbasierte Bildungspolitik einzusetzen.

Eine weitere politische Forderung bezüglich KI kann darin bestehen, die effektive Aufklärung und Sensibilisierung von Schülerinnen und Schülern zu prüfen und zu fördern. Dabei sollte ein besonderer Schwerpunkt darauf liegen, ihnen ein solides Verständnis für die Funktionsweise von KI zu vermitteln und gleichzeitig zu betonen, wie wichtig es ist, KI kritisch zu reflektieren. Die Schülerinnen und Schüler müssen verstehen, dass KI keine allwissende Macht ist, sondern lediglich ein Werkzeug, das durch Daten gefüttert und mit menschlichen Entscheiden modelliert wird. Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass sie sich ein fundiertes und eigenständig erworbenes Wissen aneignen, das nicht nur oberflächlich verstanden, sondern auch tiefgehend verinnerlicht wird. Auf diese Weise können junge Menschen ihre eigenen Potenziale entfalten und die Möglichkeiten der KI gewinnbringend nutzen.

Mittels einer faktenbasierten Digitalisierungsstrategie muss festgehalten werden, wie (wann und ob) KI an den Schulen genutzt werden soll. Nur so kann sichergestellt werden, dass angemessene Lehrpläne entwickelt werden und Lehrkräfte angemessene Lehrmethoden anwenden. Eine solche politische Forderung würde dazu beitragen, dass die nächste Generation in der Lage ist, kritisch und kompetent mit KI umzugehen und die digitale Zukunft verantwortungsbewusst zu gestalten.

 


Schriftliche Anfrage zur Entwicklung einer evidenzbasierten kantonalen Digitalisierungsstrategie für die Zukunft des Lernens an den Schulen von Basel-Stadt

Die Digitalisierung an Schulen bietet eine Vielzahl von Chancen und Vorteilen für den Unterricht, da sie innovative Lehr- und Lernmethoden ermöglicht und Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vorbereitet. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, mögliche Herausforderungen wie Datenschutz und Sicherheit sowie negative Auswirkungen wie Ablenkung durch die digitalen Geräte und Multitasking sorgfältig zu evaluieren. Dabei sollten Forschungsergebnisse, aber auch Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie sowie gesundheitliche Aspekte einbezogen werden, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Ebenso ist es wichtig, einen angemessenen Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) zu berücksichtigen, um sie effektiv undverantwortungsbewusst einzusetzen.

Trotz der zunehmenden Digitalisierung im schulischen Umfeld fehlen bisher evidenzbasierte Erkenntnisse über die erwarteten positiven Auswirkungen auf das Lernen im Unterricht. Im Gegenteil, Studien wie die Pisa-Sonderauswertung der OECD von 2021 zeigen einen negativen Zusammenhang zwischen der Nutzungsdauer digitaler Geräte und der Lesekompetenz in 35 Ländern. Zudem ist bekannt, dass das Lesen und Schreiben am Bildschirm nicht den gleichen Lerneffekt erzielt wie auf Papier. Und gemäss dem Bildungsbericht 2023 zeigen Schülerinnen und Schüler aus Basel-Stadt im Vergleich zu anderen Kantonen der Schweiz bereits auf der Primarstufe einen Rückstand in Bezug auf ihre Lesekompetenz.

Angesichts dieser Erkenntnisse ist es entscheidend, bei der Integration digitaler Technologien in den Unterricht eine sorgfältige Abwägung zwischen den Chancen und potenziellen Risiken vorzunehmen. Eine ausgewogene Integration digitaler Technologien in den Schulunterricht kann zu einer modernen und zukunftsorientierten Bildung führen und die Lernerfahrungen der Schülerinnen und Schüler bereichern. Eine Digitalisierungsstrategie sollte dabei nicht nur die Fragen der Geräteanforderungen (Hardware/Software) und deren Beschaffung und Finanzierung adressieren, oder die Art und Weise, wie die Lehrkräfte die digitalen Technologien und Medien in ihren Unterricht integrieren (Didaktik/Methodik), sondern einen ganzheitlichen und wissenschaftliche fundierten Ansatz verfolgen.

Potenzielle Risiken müssen bedacht werden, um den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler nicht zu beeinträchtigen. Die Entwicklung einer kantonalen Digitalisierungsstrategie, die den Teilautonomen Schulstandorten übergeordnet ist, ist entscheidend, um die positiven Potenziale der Digitalisierung optimal im schulischen Umfeld nachhaltig zu nutzen. In diesem Zusammenhang ist es auch entscheidend, dass die Arbeit mit digitalen Geräten und KI im Unterricht kontinuierlich evaluiert und angepasst wird, um den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler sowie den Ansprüchen der Lehrpersonen im Wandel der Zeit gerecht zu werden und den Lernerfolg der Kinder und Jugendlichen tatsächlich zu fördern. Es wäre fatal, in der Zukunft aufzuwachen und festzustellen, dass ein Lernabbau erfolgt ist und die Kinder und Jugendlichen den sozialen Draht zueinander und zu ihren Lehrkräften verloren haben, während sie mit gesundheitlichen Problemen kämpfen.

Im Hinblick auf die Entwicklung einer evidenzbasierten kantonalen Digitalisierungsstrategie bitte ich den Regierungsrat um Beantwortung folgender Fragen, die alle Schulstufen, deren Bedürfnisse und den entsprechenden Bedarf berücksichtigen sollen:

  1. Welche konkreten Massnahmen werden ergriffen, um eine kontinuierliche Evaluation und Anpassung des Einsatzes digitaler Geräte und Medien im Unterricht einschliesslich KI sicherzustellen und wie werden Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler in diesen Prozess eingebunden? In diesem Zusammenhang: Wie werden Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler auf einenverantwortungsbewussten Umgang mit KI vorbereitet und begleitet?
  2. Wie ist geplant die Lernergebnisse und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler bei der Integration digitaler Technologien im Unterricht zu bewerten und gegebenenfalls zu verbessern? In diesem Zusammenhang: Wie werden bereits bekannte negativen Effekte der Digitalisierung auf das Lernen korrigiert?
  3. Wie werden potenzielle Risiken und Gefahren im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Geräte im Unterricht adressiert und minimiert (z.B. Cybermobbing, Datenschutz, gesundheitliche Auswirkungen)?
  4. Wie wird die Balance zwischen dem Einsatz digitaler Geräte und Medien sowie traditionellen Unterrichtsmethoden gefunden, um einen ganzheitlichen Lernansatz zu gewährleisten und eine Verminderung der sozialen Interaktion und des sozialen Lernens zu vermeiden?
  5. Welche spezifischen pädagogischen und didaktischen Fragestellungen sind bei der Nutzung digitaler Geräte im Unterricht zu beachten, damit Unterrichtsformen verfolgt werden, die ein besseres Erreichen von Lernzielen zur Folge haben?
  6. Welche Schulungen und Fortbildungen benötigen Lehrpersonen, um digitale Geräte und Medien effektiv im Unterricht einzusetzen? Wie wird sichergestellt, dass die Lehrpersonen umfassende Fortbildungen und zeitliche Ressourcen erhalten, und wie werden Lehrpersonen in der Praxis unterstützt?
  7. Wie wird die Ablenkung durch digitale Geräte im Unterricht minimiert und Missbrauch vermieden und wie kann der Herausforderung beispielsweise in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler begegnet werden?
  8. Wie werden digitale Medien genutzt, um unterschiedliche Lernbedürfnisse und -stile der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen und Chancengleichheit zu gewährleisten – dies auch im Hinblick auf Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen?
  9. Auf welcher Grundlage werden wirksame digitale Lernmaterialien bewertet, und wie wird sichergestellt, dass diese Bewertung den aktuellen pädagogischen, didaktischen und wissenschaftlichen Standards entspricht?
  10. Wie wird der aktive Austausch mit Wirtschaftsvertretern sichergestellt und wie werden die gewonnenen Erkenntnisse in die Lehr- und Ausbildungspläne bzgl. der Integration von KI und der Digitalisierung im Bildungswesen einbezogen, um die zukünftigen Bedürfnisse der Wirtschaft effektiv zu berücksichtigen?
  11. Ist der Regierungsrat bereit, eine evidenzbasierte, nachhaltige Digitalisierungsstrategie für den Kanton Basel-Stadt zu entwickeln, die den Teilautonomen Schulstandorten übergeordnet ist und die Chancen und Risiken der Digitalisierung ganzheitlich berücksichtigt?

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen


Online: Grosser Rat Basel-Stadt, Geschäft 20.5266
Anzug Sarah Wyss und Sandra Bothe betreffend Einführung eines wirklichen BYOD’s oder Systemwechsels
https://grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200110394

Studie: Lesen im 21. Jahrhundert: Lesekompetenz in einer digitalen Welt (Fokus Deutschland)
https://www.oecd.org/pisa/PISA2018_Lesen_DEUTSCHLAND.pdf
Link zum OECD-Gesamtreport:
https://www.oecd.org/pisa/publications/21st-century-readers-a83d84cb-en.htm

Stellungnahme Karolinska Institut bzgl. Digitalisierungsstrategie für Schweden:
https://die-pädagogische-wende.de/wp-content/uploads/2023/07/Karolinska-Stellungnahme_2023_dt.pdf

Bildquelle: lgr.ch

Förderklassen zur Unterstützung von Kindern mit kognitiven Schwierigkeiten

Notiz zur Förderklassen-Initiative
von Sandra Bothe und Christine Staehelin


Konsultationsbeantwortung betreffend des Regierungsvorschlags zur Förderklassen-Initiative

Darüber schreibt Maria-Elisa Schrade in ihrem Artikel in der BZ vom 12. Juli 2023: Umfrage zur Integrativen Schule in Basel: Lehrpersonen gehen die Reformpläne nicht weit genug. Online nachzulesen:

https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/foerderklassen-initiative-umfrage-zur-integrativen-schule-in-basel-lehrpersonen-gehen-die-reformplaene-nicht-weit-genug-ld.2486780

Darum geht es:
Der Regierungsrat hat die Einführung von Fördergruppen als auch von Förderklassen für Kinder und Jugendliche vorgeschlagen, die aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen und die Lernziele zu erreichen.

In einer Konsultation haben die Lehrpersonen Stellung genommen. Von 1105 Befragten sind:
– 550 für die Einführung von Förderklassen
– 310 für die Einführung von Fördergruppen
– 245 für keine oder eine andere Lösung

Die Lehrpersonen haben ebenfalls Stellung bezogen, ob speziell verhaltensauffällige Kinder in den Förderklassen oder den Fördergruppen unterrichtet werden sollen.
Von den 1105 Befragten teilen 597 diese Meinung nicht, 508 stimmen zu.


Es gibt unterschiedliche Ansichten unter den Lehrpersonen bezüglich der beiden Unterrichtsformen und der Zielgruppe, die von diesen Angeboten profitieren soll. Die Mehrheit der Lehrpersonen spricht sich jedoch, wie auch wir, für die Einführung von Förderklassen aus, um Kinder und Jugendliche mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten optimal zu fördern. Es ist wichtig, dass schwächere Schülerinnen und Schüler eine angepasste Unterrichtsdidaktik erhalten, um gemäss ihren individuellen Fähigkeiten lernen zu können.

Erfahrungen mit Deutsch-Anfangsgruppen zeigen, dass die Organisation in Lerngruppen nicht zielführend ist. Die Schulkinder, die den Gruppenunterricht besuchen, fehlen während wichtiger Unterrichtsstunden in ihrer Stammklasse und sind während des Deutsch- oder Mathematikunterrichts in der Stammklasse anwesend, obwohl sie aufgrund ihrer mangelnden Deutschkenntnisse nicht am Unterricht teilnehmen können. Basierend auf den Stundenplänen, kann der Umstand nicht beeinflusst werden.

Exakt die gleichen Probleme würden auftreten, wenn Fördergruppen eingeführt würden, da sie klassenübergreifend stattfinden und keine Rücksicht auf die Fächer nehmen könnten, die in der Stammklasse unterrichtet werden. In Förderklassen hingegen würden die Kinder und Jugendlichen immer in einem für sie angepassten Unterrichtssetting von geschulten Heilpädagogen unterrichtet werden, um entsprechend ihren Fähigkeiten lernen zu können und ohne ständige Wechsel zwischen den Stammklassen und der Lerngruppe. Die Einführung von Fördergruppen würde zusätzlich zu den negativen Auswirkungen auch den administrativen und organisatorischen Aufwand für Klassenlehrpersonen erhöhen, was zu einer übermässigen beruflichen Belastung führt. Dies widerspricht dem Bestreben, diese zu minimieren.

Weiter sind wir, wie die Mehrheit der Lehrpersonen, der Auffassung, dass es nicht sinnvoll ist, verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche von der Stammklasse zu trennen und sie in Förderklassen zu unterrichten. Wir schliessen uns den 65 Prozent der Lehrpersonen an, die den Lösungsvorschlag des Erziehungsdepartement für Schüler und Schülerinnen mit Verhaltensauffälligkeiten unterstützen, nämlich ein Tagesschulangebot SpA Plus einzuführen. Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche, für die die bestehenden Spezialangebote nicht ausreichen und die teilweise nur noch im Einzelsetting unterrichtet werden können. Zusätzlich schlägt das Erziehungsdepartement vor, Lerninseln für Schüler und Schülerinnen zu schaffen, die den Unterricht stören und im grossen Klassenverband nicht gut lernen können.

Es bleibt jedoch für uns die Frage offen, warum 35 Prozent der Lehrpersonen an Förderklassen für verhaltensauffällige Schüler festhalten möchten. Die Auswertung der Hunderte von Kommentaren zur Konsultation sehen wir mit Spannung entgegen und erhoffen uns, dass die weitere Untersuchung mehr Aufschluss darüber gibt.

Wir sind der Meinung es ist von Bedeutung, die Ursachen für auffälliges Verhalten im schulischen Kontext zu untersuchen und die schulischen Faktoren zu identifizieren, die dazu beitragen. Die Volksschule muss sich eingehend mit der Frage auseinandersetzen, ob sie für eine immer geringere Anzahl von Kindern und Jugendlichen geeignet ist. 

Die Schulentwicklung der letzten Jahrzehnte beeinflusst das Lernen und Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen nicht nur positiv. Die steigende Anzahl verhaltensauffälliger Kinder korreliert mit den Reformen und den neuen Unterrichtsformen. Wir erachten es deshalb als zentral, dass die Schule sich intensiv damit auseinandersetzt. Zu viele ideologisch begründete und fachlich nicht fundierte Reformen haben unter Umständen Rahmenbedingungen geschaffen, die wesentliche Faktoren für erfolgreiches Lehren und Lernen vernachlässigt haben und für bestimmte Schüler und Schülerinnen zu auffälligem Verhalten führen.

Es ist unerlässlich, eine kritische Analyse dessen anzustreben, was schiefgelaufen ist, anstatt lediglich darüber nachzudenken, wie und in welchen Settings Schulkinder unterrichtet werden können, die offensichtlich nicht in das aktuelle System passen. Andernfalls betreiben wir nur Symptombekämpfung auf Kosten derjenigen, die immer weniger in das System passen. Denn wenn die Konsequenz eine Separation dieser Kinder und Jugendlichen ist, ist die Massnahme, unserer Meinung nach, ethisch höchst bedenklich.

Sandra Bothe-Wenk 
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Bildungs- und Kulturkommission

Christine Staehelin
Leiterin GLP-Fachgruppe Bildung und Familie

Abschlussquote auf Sekundarstufe 2

Der Anzug bezgl. Erhöhung der Abschlüsse auf Sekundarstufe II wurde im Grossen Rat von allen Fraktion ohne Gegenstimme überwiesen. Im Vorfeld der parlamentarischen Sitzung habe ich mich mit dem Anliegen auseinandergesetzt und der Grünliberalen Fraktion den Vorstoss zur Unterstützung empfohlen.

Der Anzug nimm u.a. auch die Fragestellungen meiner Schriftlichen Anfrage in Bezug auf die hohe Durchfallquote bei Lehrabschlüssen auf, die die Regierung beantwortet hat und die in Zusammenarbeit mit der Fachgruppe Bildung und Familie entstanden ist.

Schriftliche Anfrage:
https://www.sandra-bothe.ch/hohe-durchfallquote-bei-den-lehrabschlusspruefungen/

Antwort der Regierung:
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100402/000000402631.pdf


Grosser Rat 19. Oktober 2022: Notiz zum Anzug von Melanie Nussbaumer SP bezgl. der Erhöhung der Abschlüsse auf der Sekundarstufe II

Gemäss Bundesamt für Statistik haben rund 10% der Schweizer Bevölkerung im Alter von 25 Jahren keinen Ausbildungsabschluss. In Basel-Stadt sind es 15 Prozent.

Ein Abschluss auf Sekundarstufe II gilt als Voraussetzung für einen erfolgreichen Eintritt ins Erwerbsleben.

Wir sprechen also von jungen Erwachsenen, die ohne Abschluss in der Konsequenz in ihrer Gestaltungsfreiheit und -Fähigkeit beeinträchtigt sind. Zudem entgehen sie – als dringend benötigte Fachkräfte – unserem Wirtschaftsraum.

Die Anzugsstellenden fordern in einer Studie die Gründe detailliert zu evaluieren und damit Erkenntnisse für zielführende Massnahmen zu erhalten. Dies ist auch im Sinne des Erziehungsdepartements.

Was man bereits heute weiss, ist, dass offenbar die Ausbildungsstufe der Eltern einen grossen Einfluss auf die Abschlussquote der Jugendlichen hat, was nicht zu beeinflussen ist.

Hingegen können wir verstärkt etwas für die besonders betroffene Zielgruppe von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund tun, deren Eltern einem tiefen Bildungsstatus haben. Diese jungen Menschen sollen nicht zu Bildungsverlierern werden.

Einige Jugendliche finden direkt nach der Volksschule keinen Anschluss. Andere brechen die Lehre ab und finden keinen Einstieg mehr. Und Jugendliche in Praktika’s werden vom Case-Management nicht erfasst und von der Lehraufsicht auch nicht begleitet.

Ich frage mich deshalb, welche kantonalen Lösungen in diesem Bereich gezielt Handbieten können?Grundsätzlich kann man aber festhalten, dass je früher die Hilfestellung in der Schullaufbahn der Kinder erfolgt, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit die Ausbildung bis im Alter von 25 Jahren erfolgreich abzuschliessen. Wir müssen an den Schulen von Beginn weg sehr Sorge tragen, dass wir allen Gruppen gerecht werden können. Also die Schule und das Lernen so gestalten, dass sich alle Kinder angesprochen fühlen – Mädchen und Jungen. Dies hat einen weitgehenden Einfluss auf die persönliche Entwicklung und auf die schulische Laufbahn.

Die Problematik ist tiefgründig. Der Anzug wird das Problem wohl nicht lösen, aber kann einen Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten.Die Schule hat auch einen kompensatorischen Auftrag: Sie muss alles dafür tun, damit der Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungserfolg verringert wird.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Bildquelle: Luzerner Zeitung, 15.03.2019

Keine Ausgrenzung von Kindern in den Tagesferien

Motion Februar 2022

Keine Ausgrenzung von Kindern in den Tagesferien auf Grund der Schulwahl
Herzlichen Dank allen Mitunterzeichnenden – ich freue mich über die sehr breite Unterstützung, Claudio Miozarri als Zweitunterzeichner und der Fraktion der Grünliberalen Basel-Stadt für ihren wertvollen Support.

Der Vorstoss steht in direktem Zusammenhang mit der neuen Regelung in Bezug auf die Buchung der Tagesferien-Angebote ab den Frühlingsferien 2022 im Kanton Basel-Stadt. Das vom Kanton subventionierte familienergänzende Tagesferien-Angebot – zurückzuführen auf eine private Initiative – ist seit bald 20 Jahren ein Erfolgsmodell und wird seit 2005 im Basler Ferienkalender in Zusammenarbeit mit dem Kinderbüro publiziert.

Dass staatliche schuleigene Tagesstrukturen an bestimmten Schulstandorten auch eine subventionierte Ferienbetreuung (tageweise) für Kinder der Volksschulen anbieten, ist separat zu betrachten. Sie entspricht dem politischen Willen, die kantonalen Betreuungsangebote aufgrund des zunehmenden Bedarfs der Eltern, bedürfnisgerecht auszubauen (Motion Kaspar Sutter).

Alle Eltern von Basel-Stadt mit Kindern im Kindergarten und der Primaschule hatten bisher zu den gleichen Bedingungen Zugang zum wertvollen Betreuungsangebot der Tagesferien, das von privaten Anbietern durchgeführt wird. Es garantiert allen Erziehungsberechtigten, die im Kanton Basel-Stadt wohnhaft sind, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf während den Schulferien und ist infolgedessen auch von zentraler Bedeutung für die Gleichstellung der Geschlechter, der kulturellen Integration und der ausserschulischen sozialen Durchmischung der Kinder. Gemeinsam mit ihren „Gspänli“ verbringen sie ihre Freizeit während der schulfreien Zeit beispielsweise im tollen Tagesferienangebot der Robi-Spielaktionen.Eine Woche Tagesferien (5 ganze Tage) kostet Fr. 200.- pro Kind. Weiter ist eine Reduktion der Elternbeiträge analog der Prämienverbilligung der Krankenversicherung möglich. Die Elternbeitragskosten für Kinder von Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger werden von der kantonalen Sozialhilfe übernommen.

Mit der Einführung der neuen Tagestrukturverordnung per 1. Januar 2022, ist das Tagesferienangebot (und die Feriensportlager) nur für Eltern wie bisher buchbar, deren Kinder die Volksschule besuchen. Eltern, deren Kinder eine private Schule oder einen privaten Kindergarten besuchen, sind von Subventionen ausgenommen und bezahlen neu den vollen Preis von Fr. 400.- pro Woche und Kind. Weiter sind Tagesferien für diese Eltern nur dann buchbar, wenn ein Angebot nicht vollumfänglich durch Kinder der Volksschule ausgebucht ist. Damit werden baselstädtische Privatschüler den ausserkantonalen Kindern gleichgestellt. Manche Basler Eltern haben zudem Kinder in beiden Bildungssystemen, in der staatlichen Schule und der privaten.

Der Umstand führt zu einer Ungleichbehandlung der im Kanton Basel-Stadt steuerpflichtigen Eltern. Das Recht auf Bildung und das Recht auf Betreuung zu finanziell tragbaren Bedingungen sind zwei von sich unabhängige Grundrechte, die in der kantonalen Verfassung separat verankert sind (§11 Abs. 1 lit.n „Recht auf Bildung“; §11 Abs. 2 lit. a „Recht auf Betreuung“) und allen Kindern/Eltern im Kanton Basel-Stadt garantiert wird.

Eltern, die ihre Kinder in einem privaten Kindergarten oder einer Privatschule anmelden, bezahlen die Kosten für den Schulunterricht während den Schulwochen vollumfänglich selbst und können diese nicht an den Steuern abziehen.

Die sehr hohe Hürde bei der Anmeldung von Privatschülern im Basler Ferienangebot führt zum Ausschluss der Kinder und zur Ausgrenzung einer bestimmten Elterngruppe. Zum Beispiel Eltern, die ihre Kinder auf die jüdische Schule schicken. Oder Eltern, die mit sehr knappen Einkommensverhältnissen rechnen, aber aufgrund des einkommensabhängigen Angebots der privaten Bildungsinstitutionen ihr Kind dort platzieren können. Oder Kinder, die aufgrund von Verstärkten Massnahmen in einer privaten Bildungsinstitution beschult werden.

Alle Eltern, die aus welchen Gründen auch immer auf die staatlich finanzierte Bildung verzichten, und damit den Staat massgeblich entlasten, verzichten damit nicht auch automatisch auf das Recht auf staatlich finanzierte familienergänzende Kinderbetreuung.

Da die Verordnung seit dem 1. Januar 2022 (Bekanntgabe Mitte Dezember 21) in Kraft gesetzt wurde und der Ausschluss der Privatschüler per Frühjahrsferien 2022 gilt, fordern die Motionär:innen innerhalb von 6 Monaten:

  • Das Aufheben der neuen Regelung für die Tagesferien und die Beibehaltung der bestehenden Praxis für die Buchung vom kantonal subventionierten Tagesferienangeboten (und Feriensportlager). Somit für diese Betreuungsangebote wie bisher freien Zugang zu denselben Bedingungen für alle Eltern, die im Kanton Basel-Stadt wohnhaft sind, zu garantieren.
  • Die Sicherstellung des Grundrechts für alle im Kanton Basel-Stad wohnhaften Eltern auf eine familienergänzende Betreuung in angemessener Frist, zu finanziell tragbaren Bedingungen, die den Bedürfnissen der Kinder entspricht (Kantonale Verfassung 11 2 a), unabhängig von der Wahl der Schule.

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Bildquelle: www.oberwil.ch/dienstleistungen/29134

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