Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

Schlagwort: Betteln

Das Recht zu betteln

Einige Stimmen in Basel meinen, dass sich die Bettelproblematik durch die Durchsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben nun ganz von selbst auflöst. 
Dass alle durchreisenden Bettlerinnen und Bettler oder diejenigen, die aus den grenznahen Regionen zu uns nach Basel kommen – einfach von heute auf morgen wieder „verschwinden“.

Nun ich kann nicht Kaffeesatz lesen, mich aber auf Fakten beziehen. Der Regierungsrat macht in seinem Ratschlag klar, dass Personen aus EU/EFTA-Staaten welche sich bis zu 90 Tage in Basel aufhalten, das Recht haben hier zu betteln. Sofern sie sich an unsere Gesetze halten. 

Manche Menschen bekommen mit Betteln hier mehr Geld, als sie es zuhause in ihren Herkunftsländern verdienen könnten. Die 90 Tage Regel werden sie nutzen, um ihre Perspektiven zu verbessern. Diese Personengruppen wissen ihr Verhalten den situativen gesetzlichen Bedingungen schnell anzupassen.

Der Ratschlag der Regierung dient dazu, die Bettelproblematik zu entschärfen, nicht dazu sie zu verbieten oder bestimmte Personengruppen zu verdrängen. Darum sollten wir auch nicht davon ausgehen, dass Bettlerinnen und Bettler Basel automatisch ganz fernbleiben werden oder dass sie sich ganz selbstverständlich an unsere Gesellschaftsordnung halten.

Es gibt kein Recht im öffentlichen Raum nicht mit Unangenehmem konfrontiert zu werden. Wir können und sollen die Augen vor Armut nicht einfach verschliessen.

Der Ratschlag hat zwar Begleitmassnahmen enthalten, ich finde diese aber dürftig. Zusammengefasst wird erwähnt:

  • Jede und Jeder hat das Recht auf Nothilfe zur Sicherung des Überlebens. Wird Nothilfe beansprucht, dann bis zur frühestmöglichen Ausreise – also in der Regel am Folgetag. Die durchreisenden Bettlerinnen und Bettler haben Hilfe aber nicht zwingend nötig oder wollen nicht wieder ausreisen. Sie beziehen daher in der Regel auch keine Nothilfe.
  • Als weitere Hilfestellung wird kostengünstige Verpflegung in der Gassenküche genannt, wenn die Hausregeln eingehalten werden.
  • Weiter will der Regierungsrat das soziale Engagement in den Herkunftsländern intensivieren. Dazu müssen aber erst Mittel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit gesprochen werden. Der Regierungsrat will dies prüfen.

Diese flankierenden Massnahmen sind ungenügend und ich bin überzeugt, dass wir für die gesetzliche Umsetzung des „Basler Wegs“ Ressourcen für die Behörden brauchen und ergänzende Begleitmassnahmen, um die Menschenrechte zu wahren und um das Miteinander im öffentlichen Raum zu garantieren. 

Der Vorstoss soll dazu dienen, die Lücke im Ratschlag zu schliessen und der Regierung Handlungsspielraum zu ermöglichen, den sie braucht, um die Problemstellungen anzugehen, die noch nicht gelöst sind. 

Die dringlich traktandierte Motion wurde das 1. Mal ohne Gegenstimme im Grossen Rat überwiesen. Die Unterstützung aller Parteien freute mich sehr. Ich hörte zwar manche Stimmen, die der Ansicht waren, dass Massnahmen, wie zum Beispiel die Taskforce, schon zur Anwendung kommen. Das ist doch super. Durch die Überweisung des Vorstosses hat die Regierung nun auch den offiziellen Auftrag erhalten, die Art und Weise der Zusammenarbeit mit allen involvierten Ämtern und Institutionen zu prüfen und einzurichten. Es zeigt also klar, Begleitmassnahmen sind definitiv notwendig.

Darunter fallen Massnahmen für das Übernachten in Parks oder im Freien, aber auch den effektiven Auftrag für die Umsetzung von Hilfsprojekten genauso wie das Prüfung einer Sensibilisierungskampagne und eben – wenn es nötig sein sollte, das Aufstocken von personellen Ressourcen im öffentlichen Raum zum Beispiel wegen der Umsetzung der Handlungsrichtlinien oder in Bezug auf die Dialogerinnen und Dialoger.

Wir sind zwar auf dem Basler Weg, aber noch nicht am Ende angekommen.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Grosser Rat 23. Juni 21 betreffend Begleitmassnahmen zum Thema Betteln „Basler Weg“

Um Hilfe bitten ist möglich

Am 1. Juli 20 hat der Kanton Basel-Stadt das Bettelverbot aufgehoben. Seitdem werden politische Vorstösse eingereicht, über die im Grossen Rat debattiert wird. Aber nicht nur Parlamentarier diskutieren über die Bettelproblematik, sondern die gesamte Basler Bevölkerung.

Es ist eine Lösung gewünscht, um die Situation im öffentlichen Raum rasch zu entlasten. Ein Jahr war Zeit politische Lösungen einzubringen. Jetzt wo der Ratschlag auf dem Tisch liegt, ist es Zeit darüber zu entscheiden.

Es macht mich wirklich betroffen, dass seit Aufhebung des Verbots vom letzten Sommer, unsere sozial Schwachen und Randständigen in der Konsequenz einem Konkurrenzkampf ausgeliefert sind und aus dem öffentlichen Raum offenbar vertrieben werden. Ich finde diese Situation sehr problematisch.

Ich kann auch absolut nachvollziehen, dass der aggressive Bettelstil und das aufdringliche Vorgehen den Baslerinnen und Basler zu schaffen macht. Sind das nun Gewerbetreibende, Gastwirtschaften, Geschäfte, Reisende am Bahnhof oder Passanten. 

Die Fraktion der glp hat die neue gesetzliche Vorgabe der Regierung eingehend beraten. Wir kommen zum Schluss, den Ratschlag ohne Anpassungen zu unterstützen, den Argumenten und Abwägungen der Regierung zu folgen und den Gegenvorschlag der SP und dem GAB nicht zu unterstützen.

Das Grundrecht eines jeden Menschen auf seine Notlage öffentlich aufmerksam zu machen und um Almosen zu bitten, fliesst durch eine präzise Bettelordnung in diesen Gesetzesentwurf mit ein und ist nach unserer Auffassung EGMR konform. Eine ergänzende Verordnung ist nicht notwendig.

Das heisst: Passives Betteln durch das Aufstellen oder Hinhalten eines Bechers ist erlaubt, ebenso das direkte Ansprechen der Passanten, was über ein «stilles Betteln» hinaus geht. 

Die Einschränkungen an neuralgischen Punkten durch eine klare präzise Regelung im Sinne des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist eine praxistaugliche Lösung, die nach unserer Beurteilung den rechtlichen Voraussetzungen standhält.

Natürlich kann man sich Fragen zur Verhältnismässigkeit stellen, wie..

  • sind die Abstände massvoll, wo ist es zu wenig – wo ist es zu viel?
  • ist die Liste der aufgeführten Orte so sinnvoll – wurde an alles gedacht – an zu wenig oder zu viel?
  • wird das öffentliche Interesse mal zu sehr oder zu wenig gewichtet?

Für uns Grünliberale hat sich in der Diskussion herauskristallisiert, dass die Durchsetzung des Gesetzes dem Anspruch gerecht werden muss, für alle involvierten Personen praktikabel zu sein. 

Die Umsetzung muss für die Bettler und Bettlerinnen – aber auch für die Bevölkerung – gleichermassen einfach und verständlich sein. 

Die praktische Anwendung soll zukünftig keine Irritation auslösen, ob die Polizei allenfalls zu Unrecht eingreift oder umgekehrt – nicht – eingreift. 

Wir haben uns auch gefragt, was „organisiertes Betteln“ bedeutet ist der Begriff für uns stimmig oder nicht? Wir meinen ja, weil es darum geht auf eine Notlage aufmerksam machen und um Hilfe bitten zu dürfen und wir keine Hand für Banden oder gewerbemässiges Betteln bieten wollen.

Die Grünliberalen hätten sich auch eine Lösung wie in Bern vorstellen können, wo das Ausländergesetz strikt durchgesetzt wird. Der Basler Weg definiert sich nun anders, was wir trotzdem unterstützen.

Wir sind überzeugt, dass der jetzige Lösungsansatz der Regierung, das Bitten um Hilfe und ein faires Miteinander und Nebeneinander im öffentlichen Raum gewährleistet.

Die glp baut auf eine pragmatische Umsetzung mit Augenmass und entsprechende Handlungsrichtlinien. Damit dies sicher gelingt habe ich einen ergänzenden Vorstoss mit Begleitmassnahmen für den Basler Weg eingereicht. Es ist uns nämlich wohl bewusst, dass die Gesetzesanpassung nicht dazu dient, bestimmte Personengruppen zu verdrängen, oder die Augen vor Armut zu verschliessen. Mit der Umsetzung dieses Ratschlags soll die Lebensqualität im öffentlichen Raum im Gesamtinteresse der Basler Bevölkerung erhöht werden, was wir Grünliberalen voll unterstützen.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Grosser Rat 23. Juni 21. Votum betreffend dem Ratschlag der Regierung zur Teilrevision des Übertretungsstrafgesetzes (Bettelverbot)

Der Basler Weg: Umgang mit Bettelei

Die Grünliberalen sind sicher, die Basler Bevölkerung wünscht sich von der Politik jetzt Taten statt Worte. 

Wir unterstützen den Antrag auf dringliche Behandlung des Ratschlags. Er soll vor der Sommerpause direkt im Parlament beraten werden, um die Situation im öffentlichen Raum rasch zu entlasten. 

Ich bin der Meinung, dass dies kein Umgehen der vom Parlament installierten demokratischen Instrumente ist.
Es ist eine Einzelfallbeurteilung!
Und – während der direkten Debatte sind alle Parteien eingeladen und jedes Ratsmitglied frei, die Meinung zu äussern und Anträge zu stellen. 

Im Oktober 20 haben die Grünliberalen mit dem Anzug betreffend „Bettlerproblematik: Berner Modell als mögliche Lösung“ unsere Forderung zu einem „Basler Weg“ gestellt. Wir haben den Regierungsrat gebeten zu prüfen und zu berichten, inwiefern und wie zeitnah das Berner Modell auch in Basel zur Anwendung gebracht werden kann.  

Bei der Erstüberweisung und bei der Zweitüberweisung zur Wiedereinführung des Bettelverbots im Dezember habe ich festgehalten, dass ein umfassendes Paket erarbeitet werden soll und die Grünliberalen flankierende Massnahmen seriös geprüft und definiert haben wollen. 

Im Votum von Dezember 20 sprach ich auch den Punkt an, dass ein Bettelverbot sehr wohl durch eine Bettelordnung ergänzt werden kann, dies nicht nur umsetzbar, sondern auf Grund der rechtlichen Lage – notwendig ist. Diese Forderung fliesst beim vorliegenden Ratschlag der Regierung auf Gesetzesstufe ein.

Die Grünliberalen sind überzeugt, dass die Regierung sichergestellt hat, dass der Ratschlag sorgfälltig ausgearbeitet ist und nationalem und internationalem Recht standhält. Unsere Beurteilung stützt sich auch auf den Hinweis der Regierung, dass gemäss Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte, Verbote im Bereich des Bettelns zwei öffentliche Interessen erfüllen müsse. Dabei handelt es sich um den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie den Schutz von Grundrechten Dritter in Form des Schutzes vor Menschenhandel und Ausbeutung. 

Damit sind Regelungen wo und in welcher Form gebettelt werden darf aus Sicht des Europäischen Gerichtshof möglich. Darum tragen wir das Argument der Regierung mit, dass ein Verbot von organisierten und aggressiven Bettelformen sowie ein Verbot an neuralgischen Punkten in der Stadt eine praxistaugliche Lösung ist. Um die Rechtssicherheit zu gewährleisten, sind Einschränkungen möglichst präzis zu erfassen. Der Ratschlag setzt auch diese Forderung im Gesetz um.

Die Grünliberalen kommen hingegen effektiv zum Schluss, dass die von uns früher geforderten Begleitmassnahmen im Ratschlag der Regierung zwar erwähnt sind – aber zu wenig detailliert ausgearbeitet wurden. Es braucht dringend ein umfassenderes Paket, damit die Umsetzung des Gesetzes auf verschiedenen Ebenen Wirkung zeigt.

Der Regierungsrat macht nämlich klar, dass auch Personen das Recht haben, sich 90 Tage in Basel aufzuhalten, die hier sind, um zu betteln. Sofern sie sich an unsere Gesetze halten. Es ist nicht davon auszugehen, dass Bettlerinnen und Bettler auf der Durchreise Nothilfe in Basel beziehen wollen. 

Die Gesetzesanpassung wiederum dient nicht dazu eine bestimmte Personengruppe zu verdrängen oder die Augen vor Armut zu verschliessen, sondern soll die Lebensqualität im öffentlichen Raum im Gesamtinteresse der Basler Bevölkerung und des Gewerbes wieder erhöhen. 

Für die gesetzliche Umsetzung des „Basler Wegs“ sind deshalb Ressourcen für die Behörden notwendig und Begleitmassnahmen, um die Menschenrechte zu wahren, davon bin ich überzeugt.

Damit diese Lücke im Ratschlag der Regierung geschlossen wird, reichen die Grünliberalen eine dringliche Motion für flankierende Massnahmen zum Basler Weg ein, die gemeinsam mit dem Ratschlag noch im Juni behandelt werden soll.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Grosser Rat 2. Juni 21 Votum betreffend „Dringlicher Antrag den Ratschlag der Regierung zur Bettelei im Rat direkt zu behandeln.“

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