Am 23. April 2022 hat die Präsidentenkonferenz des Dachverbands für Lehrer und Lehrerinnen Schweiz  (LCH) getagt. Franziska Peterhans, Zentralsekretärin LCH, informierte die Präsidentinnen und Präsidenten über einen Vorstoss im Kanton Aargau. Dieser fordert die Regierung auf, mit einem Monitoring zu erheben, wie viele Stellen mit adäquat ausgebildeten und qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern besetzt werden konnten. Hintergrund des Vorstosses ist der sogenannte qualitative Lehrpersonenmangel.

Koordinierte Aktion 

Daraufhin hat die Geschäftsleitung des  LCH den Präsidentinnen und Präsidenten vorgeschlagen, ähnlich lautende Vorstösse in weiteren Kantonen zu lancieren.
«Eine konzertierte Aktion wäre eine griffige Möglichkeit, um endlich an diese Daten zu kommen», unterstrich Peterhans. «Wenn man Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel ergreifen will, muss man wissen, wo der Hebel anzusetzen ist.»
Das Anliegen wurde dann in der Abstimmung von einer grossen Mehrheit der Mitglieder befürwortet. 

Auch im Kanton Basel-Stadt existiert aktuell kein datenbasiertes Monitoring bezüglich des qualifizierten Lehrermangels. Deshalb wurde ein überparteilicher Vorstoss von der GLP, EVP, BastA und SP zur Datenerhebung erarbeitet. Der Anzug wird von Unterstützenden aus allen Parteien mitgetragen, wofür wir uns bedanken.


Anzug betreffend Monitoring zur Sicherstellung von ausreichend und qualifizierten Lehr- und Fachpersonen sowie Schulleitungen für die Basel-Städtischen Schulen

Der Mangel an adäquat ausgebildeten Lehr- und Fachpersonen an Schulen ist schweizweit ein Thema. Andere Kantone publizieren dazu ihre Zahlen: So fehlen im Kanton Luzern aktuell 233 Lehrpersonen, im Kanton Zürich sind es rund 950 und im Kanton Bern rund 500 Lehrpersonen. Der Kanton Basel-Stadt publiziert dazu keine Zahlen.

Gute Schulen brauchen angemessen ausgebildete Lehrpersonen und qualifizierte Fachpersonen in genügender Anzahl. Infolge von Pensionierungen und Kündigungen verlassen tendenziell mehr Schulpersonal die Volksschule als an den Pädagogischen Hochschulen ausgebildet werden. Ausserdem streben jüngere Lehrpersonen, die in den Beruf einsteigen, häufig ein Teilzeitpensum an und verbleiben weniger lang im Beruf.

In seiner Antwort auf die Schriftliche Anfrage von Kerstin Wenk vom 16. Dezember 2020 betreffend die Anstellungen von Lehrpersonen hält der Regierungsrat fest, dass im Jahr 2019 160 Lehrpersonen der Volksschule gekündigt haben. In den vorangehenden Jahren waren es 114 Personen (2017) bzw. 147 Personen (2018). Zudem unterrichteten im Schuljahr 2020/21 an der Volksschule 240 Personen ohne ein von der EDK anerkanntes Diplom.

Solange ein installiertes Monitoring fehlt, das darstellt, wie viele Lehr- und Fachpersonen jährlich ihren Arbeitsvertrag auflösen, wie viele Stellen nicht bzw. mit nicht adäquat qualifizierten oder mit unqualifizierten Personen besetzt und wie viele Stellen von Studierenden bzw. Pensionierten übernommen werden, kann nicht beurteilt werden, ob nicht auch in Basel-Stadt ein akuter Lehrpersonenmangel herrscht.

Nur wenn Daten gesammelt, systematisch aufbereitet, analysiert und interpretiert werden, können sinnvolle Massnahmen beschlossen und nachhaltige Steuerungsentscheide getroffen werden. Ein Monitoring in diesem Sinne würde auch helfen, vorgeschlagenen Massnahmen weiterzuentwickelnSchliesslich hängt die Qualität des Bildungssystems respektive das Erreichen der Bildungsziele zu einem wesentlichen Teil von adäquat ausgebildeten Lehrpersonen und Schulleitungen ab. Ein Monitoring legt die Basis, von der ausgehend eine datengestützte Strategie formuliert und entsprechende Massnahmen geplant werden können, die nicht nur den Bedarf an Lehr- und Fachpersonen und Schulleitungen decken, sondern auch deren Ausbildungsstand berücksichtigen.

Ausgehend von dieser Darlegung bitten die Anzugsstellenden den Regierungsrat, ein Monitoring einzurichten, das die Besetzung von Stellen von Lehr- und Fachpersonen sowie den Schulleitungen an den Volksschulen von Basel-Stadt jeweils zu Beginn des neuen Schuljahres aufzeigt und über folgende Punkte informiert:

  • Wie viele Stellen mit adäquat ausgebildeten Lehr- und Fachpersonen sowie Schulleitungen jährlich besetzt werden, aufgeschlüsselt nach Schulstufen
  • Wie viele Stellen jährlich an den verschiedenen Schulstufen mit Personen, die nicht über ein EDK-anerkanntes Diplom verfügen, besetzt werden
  • Wie viele Stellen davon von Studierenden bzw. von Pensionierten besetzt werden, nach Schulstufe aufgeschlüsselt
  • Wie viele Arbeitsverhältnisse im Lehr- und Fachpersonen und bei den Schulleitungen jährlich aufgelöst werden, aufgeschlüsselt nach Schulstufen
  • Wie viele Stellen jährlich an den verschiedenen Schulstufen nicht besetzt werden können.

 

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Medienberichte und -Mitteilungen:
https://www.lch.ch/aktuell/detail/kantonale-vorstoesse-gegen-den-lehrermangel-lanciert
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/dachverband-nimmt-politik-bei-lehrermangel-in-die-pflicht-66175619

Bildquelle:
www.tagesspiegel.de/berlin/klassenzimmer-schueler