Als Mitglied der Bildungs- und Kulturkommission habe ich mich eingesetzt, dass bei der GGG Quartierbibliothek Hirzbrunnen, der selbstständige Zugang zu Büchern für Kinder und Jugendliche erhalten bleibt. Ich freue mich, dass der Grosse Rat der Empfehlung der BKK gefolgt ist und mit deutlicher Mehrheit, die nötigen Gelder gesprochen hat.


Grosser Rat 9. Februar 2022: Votum Bericht der BKK zum Ratschlag betreffend Bewilligung von Staatsbeiträgen an die GGG Stadtbibliothek Basel für die Jahre 2022-2025

Die GGG sichert als moderne öffentliche Bibliothek der Stadt Basel den freien Zugang der Bevölkerung zu Wissen und Information. Durch das Netz der Quartierfilialen sind sie nahe am Publikum und ihr Angebot ist leicht zugänglich. Bibliotheken sind generationenübergreifend ein Ort der Begegnung, wo Integration aktiv gelebt wird. Wer also in eine Bibliothek geht, kann sich als Teil einer Gesellschaft fühlen. Dorthin gehen Leute, die neugierig sind und ihre Chancen nutzen wollen.

Hat aber die Bibliothek mit der Zunahme der Digitalisierung von Medien und der Möglichkeit, sich diese per Internet zugänglich zu machen, auch weiterhin die Notwendigkeitals bedientes Angebot, physisch in den Quartieren zur Verfügung zu stehen?

Ja – ich bin davon überzeugt. Sie bleiben ein Ort der Begegnung, der Vielfalt und ein Ort der Kulturen.Auch dann, wenn sie klein und wie ein gemütliches Bücherzimmer eingerichtet sind.

Denn das soziale Miteinander wird in der Zukunft nicht weniger sondern, wichtiger werden. Ich meine sogar, Bibliotheken sind weit mehr als ein Ort wo sich Leute treffen. Sie sind eine Schatzkammer. Menschen treffen auf Werke, auf Abenteuer, auf Kreativität, auf Produktivität. Bibliotheken bilden den Raum für Kommunikation, sind also Informationsaustausch, Bildung und Unterhaltung.Und trotzdem – der digitale Wandel fordert seinen Tribut. Dagegen wehrt sich die GLP nicht. Damit Veränderungen als Chancen verbucht werden können, ist die GGG gefordert, eine ausbalancierte zeitgemässe Strategie aufzugleisen. Das führt wiederum zu Mehraufwand und infolgedessen zu Mehrkosten.

Die GGG hat deshalb Massnahmen zur Kostenreduktion erarbeitet. Dazu gehört die Anpassung der bedienten Öffnungszeiten, sie werden durch den Ausbau der unbedienten Open Libray für Personen ab 18 Jahren kompensiert. Die flexiblen Öffnungszeiten für Leute, die sich zum Beispiel nach der Arbeit selbständig Medien ausleihen wollen, tragen der Entwicklung Rechnung, die aufgrund der neuen Möglichkeiten durch die Digitalisierung entstehen.

Ausser im Fall der Filiale im familiären Hirzbrunnen Quartier. Sie soll eine komplette Umstellung auf Open Libray erfahren – ganz ohne bediente Zeiten. Wegen der Haftungsfrage führt es zum Ausschluss der Kinder und der Jugendlichen. Sie haben keinen selbstständigen Zugang mehr zum Angebot. Dies zum Zeitpunkt, wo die Bibliothek umgebaut und kinderfreundlicher wird. Ein absoluter Widerspruch. Die GLP wertet darum die komplette Umstellung nicht als Zusatzangebot und Beitrag zur Niederschwelligkeit, sondern erkennt darin einen Abbau am bestehenden Angebot.

Davon betroffen sind Kinder aus dem Quartier, die in ihrem Radius selbstständig unterwegs sind, also den täglichen Schulweg selbst meistern und bisher auch allein die Quartiersbibliothek besuchen. Sie leihen sich Computerspiele aus, von denen sie gehört haben oder stöbern in einer neuen Folge ihres Lieblingscomics. In der Bibliothek treffen sie auf Klassenkameraden und referieren über die Neuerscheinung ihrer Lieblingsbuchreihe. Sie schnappen sich ein Sachbuch, auf das sie gerade gestossen sind, vertiefen sich ins Thema, dabei stellen sich ihnen neue Fragen. Wie gut, dass die Bibliothekarin weiss, wo weitere Bücher zum Thema stehen oder dass sie ein anderes Computerspiel empfehlen kann, wenn das gewünschte schon weg ist. Ebenso vielleicht einen Ratgeber, der zum Beispiel von jemand älterem dringend gebraucht wird. Das spielt aber bisher keine Rolle, weil die Mitarbeiter:in das Buch für den kommenden Tag bestellen oder einen anderen Ratgeber empfehlen kann.

Das zeigt, neben den Kindern und Jugendlichen, sind auch die älteren Quartierbewohner:innen von der radikalen Massnahme einer unbedienten Bibliothek betroffen. Das Angebot wäre für sie nicht mehr leicht zugänglich. Viele haben Mühe mit der komplexen Technik der Automatisierung zurechtzukommen und verzichten dann ganz auf das wertvolle und für sie gut erreichbare Angebot. In der Konsequenz verliert die Bibliothek ihren Charakter als lustvoller Ort und generationenübergreifender Treffpunkt und darüber hinaus kann sie ihren Leistungsauftrag im Bereich der Leseförderung und die Koordination mit den Schulen nicht mehr erfüllen. Dazu gehört zum Beispiel auch die Erstklässler-Karte, die in den ersten Schulwochen an alle Schulanfängerinnen und Schulanfänger verteilt wird.

Denn Bildung braucht Anregung. Zur Anregung braucht es eine Bedienung – eine Betreuung, die anregt, ermutigt und andeuten kann, welche Bücher mit welchen Abenteuern es hier und dort zu finden gibt. Kinder, die schon früh mit Büchern aufwachsen, sind im Vorteil. Sie lernen, dass Geschichten Spass machen. Das ist eine wichtige Motivation um lesen zu lernen. Lesen ist nicht nur, buchstabieren und Worte entziffern oder Sätze erkennen. Richtig lesen heisst: Verstehen, Begreifen, Kreativ weiterdenken. Bücher lieben.

Einige Stimmen meinen, das Jugendzentrum Eglisee sei eine valable Alternative für die Kinder. Aus der vorgängigen Schilderung wird klar, dass die Zielsetzung eines Jugendzentrums nicht der einer Bibliothek entspricht. Es sind definitiv zwei Paar Schuhe, die sich ergänzen, aber das eine nicht durch das andere abgelöst werden kann.

Basierend auf den Ausführungen unterstützt die Fraktion der Grünliberalen den Antrag auf den Nachtragkredit für die Hirzbrunnen-Filiale als gangbaren Kompromiss. Die Quartiersbibliothek soll neu nach dem Modell Breite betrieben werden. Eine hybride Lösung, die sich durch beschränkte Öffnungszeiten auszeichnet und aber die Open Libray implementiert.

Weiter sprechen wir uns für die Bewilligung der Staatsbeiträge an die GGG Stadtbibliotheken aus. Die Grünliberalen sind grundsätzlich von der wertvollen, vielfältigen Arbeit überzeugt. Die GGG leistet einen grossen gesellschaftlichen Beitrag.

Wir meinen aber, dass es jetzt notwendig ist, die Strategie über die Ausrichtung und Grundstruktur der GGG mit dem Leistungsauftrag in Einklang zu bringen. Aktuell stehen sie im Wiederspruch, da Open Library Kinder und Jugendliche wegen der Haftung ausschliesst, hingegen die Leseförderung als Leistungsziel benennt. Die GLP fordert die Regierung dazu auf, mit der Sprechung des Staatsbeitrags die strategische Ausrichtung der GGG als Grundlage für die Verhandlungen über den neu abzuschliessenden Leistungsauftrag zu nehmen. Denn die Umsetzung der Strategie muss – ohne Übersteuerung durch den Grossen Rat – finanzierbar sein.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

Bericht der Bildungs- und Kulturkommission:
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100396/000000396286.pdf

Ratschlag der Regierung:
https://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100395/000000395687.pdf

Petition P441 „Die GGG Stadtbibliothek Hirzbrunnen muss für Kinder und Jugendliche zugänglich bleiben
https://www.grosserrat.bs.ch/ratsbetrieb/geschaefte/200111428

Mediale Berichte:
https://www.bazonline.ch/ggg-hirzbrunnen-soll-weiterhin-bedient-werden-717081848673

Bildquelle:
http://www.stadtbibliothekbasel.ch/de/schulbibliotheken.html