Die BKK empfiehlt die «Förderklassen-Initiative» zur Ablehnung und ergänzt das regierungsrätliche Massnahmenpaket
Ausgehend von dem vorgeschlagenen Massnahmenpaket der Regierung hat die Bildungs- und Kulturkommission (BKK) einen politisch mehrheitlich getragenen Gegenvorschlag zur Verbesserung der integrativen Schule ausgearbeitet und in der Konsequenz die Förderinstrumente um zwei wichtige Punkte ergänzt: 1) Doppelbesetzung 2) Förderklassen.
- Zur Medienmitteilung des Kanton Basel-Stadt
- Zum Bericht der Bildungs- und Kulturkommission zur Kantonale Volksinitiative «für den Ausbau der separativen Angebote an der integrativen Schule Basel-Stadt (Förderklassen-Initiative)
- Zum Ratschlag der Regierung
Der erweiterte Vorschlag der BKK bietet Möglichkeiten vielfältiger Förderung von Kindern und Jugendlichen, um den einzelnen Schulen einen pädagogisch bedürfnis- und bedarfsgerechten Handlungsspielraum zu ermöglichen. Dem nun vorliegenden Kompromiss kann die Grünliberale Fraktion zustimmen. Es war keine Option, wieder Förder-Kleinklassen einzuführen, die von einer eigenständigen Leitung mit voller Führungskompetenz geführt werden. Diese Organisationsstruktur könnte den Grundsatz „Integration vor Separation“ verletzen. Zudem können wir es nicht unterstützen, wenn Schülerinnen und Schüler aufgrund ihres auffälligen Verhaltens separiert werden, ohne die Ursachen dieses Verhaltens im schulischen Kontext zu untersuchen und zu identifizieren. Die steigende Anzahl verhaltensauffälliger Kinder korreliert mit den Reformen und neuen Unterrichtsformen. Eine solche Vorgehensweise würde lediglich Symptome bekämpfen und wäre zulasten derjenigen Kinder und Jugendlichen, die immer weniger ins schulische System passen.
Für uns Grünliberale war zentral, dass ein ausgewogener Gegenvorschlag sowohl von den Schulleitungen Basel-Stadt als auch vom Lehrpersonenverband (FSS) unterstützt wird. Nur wenn Schulleitungen und Lehrkräfte die nun vorgeschlagenen Massnahmen gemeinsam tragen, können Kinder und Jugendliche davon profitieren. Letztendlich sind es jedoch die Lehrkräfte, die die Fördermassnahmen im Klassenzimmer umsetzen und mittragen müssen.
Die Auswertung des Konsultationsbericht der Regierung vom 17. Mai 2023 zu den „Massnahmen zur Verbesserung der integrativen Volksschule Basel-Stadt“ durch die KSBS zeigte, dass insbesondere die Konzeption von Förderklassen versus Fördergruppen stark umstritten war. Zur KSBS Vernehmlassungsantwort und Umfrage vom 7. Juli 2023.
Dass durch die Initiative pädagogisch äusserst relevante Entscheidungen an die Politik delegiert wurden – wie die Frage, welches Setting den grösseren Lernerfolg, die Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche sowie die Einhaltung ethischer Grundsätze gewährleisten kann – empfand ich persönlich bei unserer Arbeit in der BKK als eine sehr grosse Herausforderung. Ausser Frage hingegen stand, dass angesichts der angespannten Lage an den Schulen eine Anpassung der integrativen Schule durch ein breites Spektrum an Fördermassnahmen dringend notwendig war.
Den Grünliberalen ist bewusst, dass die Vielzahl der nun vorgeschlagenen Masnahmen auch Nachteile mit sich bringen kann, da sie die Komplexität der Situation nicht verringern und auf bestimmten Voraussetzungen basieren, die nicht unbedingt gegeben sind: Der Fach- und Lehrpersonenmangel ist gravierend, die Räumlichkeiten an einzelnen Schulstandorten fehlen weiterhin, und ob sich eine Beruhigung des Unterrichts einstellt, muss sich erst noch zeigen.
Folgende Punkte heben wir hervor:
- Wir begrüssen den Entscheid, dass in der One-Pool-Lösung nur die Förderressourcen abgedeckt sind und die Ressourcen für die Logopädie und Psychomotorik nicht darunterfallen.
- Wir erachten ein pädagogisch erarbeitetes kantonal gültiges Dachkonzept für Fördermassnahmen als unerlässliches Arbeitsinstrument für die Schulstandorte. Es soll die Schulen dabei unterstützen, innerhalb der gesetzten Leitplanken ihren eigenen Weg zu finden, ohne dabei mit zu viel administrativem Aufwand konfrontiert zu werden.
- Wir stehen den Fördergruppen im Schulalltag insofern kritisch gegenüber, als dass deren Umsetzung schwer vorstellbar ist. Dies betrifft sowohl die zielgerichtete Förderung von lernschwachen Schülerinnen und Schülern (Beruhigung des Unterrichts) als auch den administrativen und organisatorischen Aufwand für Klassenlehrpersonen, der zu einer übermässigen beruflichen Belastung führen kann (Pensenlegung / Mehraufwand für Team-Absprachen). Dies widerspricht dem Bestreben, diese Belastung zu minimieren.
- Wir befürworten Förderklassen, wenn die Kinder dabei beschult werden, die darin am besten aufgehoben sind. Wir sind der Meinung, dass dies hauptsächlich Kinder mit einer Lernstörung sind, kognitiven Einschränkungen sowie Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung und/oder Sprach-Erwerbsstörung. Sie brauchen eine intensivere, entwicklungs- und fähigkeitsadäquate Förderung in einer kleinen Gruppe, begleitet von geschulten Heilpädagoginnen und Heilpädagogen.
- Wir fordern die Einführung geeigneter Fördermassnahmen auf Sekundarstufe und die strikte Einhaltung des Zeitplans zur Erarbeitung von Entlastungsmassnahmen für das Schuljahr 2025/26.
- Wir befürchten, dass aufgrund des Lehrpersonenmangels und der mangelnden Schulräume das vorgestellten Massnahmenpaket in der integrative Schule nicht in jenem Ausmass umgesetzt werden kann, wie dies sinnvoll wäre.
Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen
Bildquelle: https://www.volksschulen.bs.ch/schulsystem/integrative-schule.html