Grosser Rat 15. September 2021. Votum betreffend bessere Durchmischung der Schulklassen für mehr Chancengerechtigkeit

Wir Grünliberalen gehen mit der Anzugstellerin einig: Die zunehmende soziale und ethnische Entmischung zwischen städtischen Schulen verschärft das Problem der Chancengerechtigkeit hinsichtlich des Bildungserfolgs

Jedes Kind hat das Recht auf ausgezeichnete Bildung und darauf, sein Potential umzusetzen. Die Frage ist, wie man dies am besten erreicht. 

Dem nun vorgeschlagenen Mittel begegnen wir kritisch. 

Auch kleinräumige Anpassungen der Einzugsgebiete führen zu grosser Unruhe unter den Erziehungsberechtigten. Der Schulstandort ist bei der Wohnortwahl der Familien oft das ausschlaggebende Kriterium. Die Dynamik der sozialen Segregation ist mit dem gewählten Mittel kaum aufhaltbar, sie hat aber das Potential verschärft geführt zu werden.

Wir Grünliberalen meinen, eine Umverteilung von Kindern aufgrund ihrer Muttersprache und folglich ihrer ethnischen Herkunft, ist keine Lösung für das Problem. Es kann nicht sein, dass die Kinder soziale Probleme lösen müssen, indem man sie in andere Schulhäuser umteilt. 

Der langfristige Fokus muss darum dringend bei der Stadtentwicklung liegen. Sie muss die soziale Durchmischung mit einer gezielten Wohnbaupolitik und mit aktiven Durchmischungsmassnahmen direkt in den Wohnquartieren zum Ziel haben.

Pädagogische Themen lassen sich nicht mit technologischen Ansätzen, sondern nur in der Praxis bearbeiten. Einen Lösungsansatz findet man in der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage von Michela Seggiani vom 2. Juni 2020 zum Projekt „QUIMS“ – Qualität in multikulturellen Schulen –.

Gemäss der regierungsrätlichen Antwort berücksichtigen die Schulen des Kantons Basel-Stadt 3 Handlungsfelder von QUIMS:

Die Förderung von Sprache, den Schulerfolg und die soziale Integration.

Sie sind Inhalt des standortspezifischen Schulprogramms. Für die Zuteilung der Ressourcen für Förderangebote an die Schulen wird der Sozialindex berücksichtigt. Je tiefer der Index, desto kleiner ist die soziale Belastung des Quartiers.

Dennoch bleibt eine bestimmte Abhängigkeit des Schulerfolgs vom Wohnquartier bzw. von der dort besuchten Schule bestehen. Wir Grünliberalen fragen uns, ob die Ressourcenverteilung für die Kompensationsmassnahmen, so wie sie jetzt zugeführt wird, auch effektiv und optimal ist. Hierzu werden wir eine schriftliche Anfrage einreichen.

Lehrpersonen und ihr Unterricht haben den grössten Einfluss auf die Schulleistungen, abgesehen von den individuellen Voraussetzungen der Schüler und Schülerinnen. Deshalb brauchen insbesondere Brennpunkt-Schulen engagierte Lehrpersonen, denen die Chancengerechtigkeit ein grosses Anliegen ist und die bereit sind, ihre Pädagogik nach den Voraussetzungen der Kinder zu richten. Und es braucht Schulleitungen, die genau so engagiert sind und an ihrer Schule genau diesen Unterricht und diese Unterstützung ermöglichen!

In der Studie, die im Anzug erwähnt ist, wird ausdrücklich festgehalten, dass der Algorithmus die menschliche Einflussnahme nicht ersetzen, sondern als Hilfstool für die Entscheidungsfindung verstanden wird. Die glp beurteilt es so, dass durch das computergestützte Analysetool die Zuteilung der Schüler und Schülerinnen erleichtert werden soll, um als ergänzenden Beitrag mehr Chancengerechtigkeit zu erreichen.

Unter diesem Aspekt findet die glp das Anliegen prüfenswert. Darum überweisen wir den Anzug. Wir stehen aber nach wie vor kritisch zu den angegebenen Indikatoren und Zielgrössen, weil eine Umverteilung von Kindern keine besseren Schulen und damit nicht mehr Gerechtigkeit schafft.

Sandra Bothe-Wenk
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen