Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt

Monat: Juli 2023

Kantonale Regelungen gefährden die Vielfalt in der Kinderbetreuung

Notiz zum Artikel von Laura Ferrari in „Basel Jetzt“ vom 24. Juli 2023

„Die Kita muss schliessen, doch die Leiterin kämpft weiter: Diese Arbeit ist mir wichtig und wertvoll“

Hier gehts zum Artikel: https://www.baseljetzt.ch/die-kita-muss-schliessen-doch-die-leiterin-kaempft-weiter-diese-arbeit-ist-mir-wichtig-und-wertvoll/90374 via @undefined


Ich bin überzeugt, dass die wertvollen und einzigartigen pädagogischen Konzepte in kleinen Kitas unterstützt werden sollten, um hochwertige Kinderbetreuung und Bildungsangebote zu bewahren.

Der Bericht von Laura Ferrari in „Basel jetzt“ lenkt die Aufmerksamkeit auf diese wichtige Problematik, die Kindertagesstätten wie die Kita „Rappelkischte“ durch die neuen Regelungen des Tagesbetreuungsgesetzes im Kanton Basel-Stadt betrifft. Dafür bin ich dankbar.

Die Verordnung zum neuen Tagesbetreuungsgesetz hat die Kriterien für staatliche Subventionsbeiträge geändert, wodurch nur noch Kitas, die bestimmte vorgegebene Kriterien erfüllen, Betreuungsbeiträge für die Eltern beantragen können. Dazu zählen tägliche Öffnungszeiten von 12 Stunden und Betriebsferien von höchstens vier Wochen.

Möglicherweise denkt man, dass Kitas wie die „Rappelkischte“ einfach ihre Öffnungszeiten verlängern oder den Betrieb über mehr Wochen hinweg offenhalten sollten, um die Kriterien zu erfüllen. Jedoch birgt diese vermeintlich einfache Lösung zusätzliche Herausforderungen, da sie mehr Personal erfordert und somit steigende Kosten verursacht.

Das eigentliche Problem liegt darin, dass Kitas mit einem besonderen und wertvollen pädagogischen Ansatz nicht in das vorgegebene Raster der staatlichen Kriterien passen. Dies bedeutet, dass sie nur noch als Kitas ohne Betreuungsbeiträge geführt werden können, da sie die geforderten regulatorischen Standards nicht erfüllen.

Für die Eltern hat dies zur Folge, dass sie keine kantonalen Subventionen für die Betreuung ihrer Kinder in solchen Kitas beantragen können, obwohl sie genau dieses Angebot aufgrund seiner Qualität und Philosophie auswählen möchten.

Insbesondere sind kleinere familiäre Betreuungs- und Bildungseinrichtungen von den neuen Regelungen betroffen, die sich durch ihre innovativen und individuellen pädagogischen Konzepte auszeichnen. Darunter fällt auch das Kinderhuus Gampiross, das ich leiten darf und einen privaten Kindergarten mit familienergänzender Betreuung anbietet. Als Elternverein und NPO fördern und betreuen wir seit über 50 Jahren Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren und gelten als Pionier in der Branche der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit einem reichen Erfahrungsschatz.

Wenn wir die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Familien ernsthaft berücksichtigen möchten, sollten wir uns bewusst machen, wie wertvoll und einzigartig die pädagogischen Konzepte mancher Kitas und Bildungsinstitutionen sind.

Statt sie zu benachteiligen, sollten wir sie vielmehr unterstützen und ihre Vielfalt in der Kinderbetreuung bewahren. Denn sie bieten nicht nur Betreuung und Beziehung, sondern auch wertvolle Bildungs- und Entwicklungsangebote für unsere Kinder, die nicht durch finanzielle Einschränkungen ausgebremst werden sollten, was in der Folge zur Schliessung solcher bedeutenden Betriebe führt.

Sandra Bothe-Wenk 
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Wahlkreis Riehen

 

Förderklassen zur Unterstützung von Kindern mit kognitiven Schwierigkeiten

Notiz zur Förderklassen-Initiative
von Sandra Bothe und Christine Staehelin


Konsultationsbeantwortung betreffend des Regierungsvorschlags zur Förderklassen-Initiative

Darüber schreibt Maria-Elisa Schrade in ihrem Artikel in der BZ vom 12. Juli 2023: Umfrage zur Integrativen Schule in Basel: Lehrpersonen gehen die Reformpläne nicht weit genug. Online nachzulesen:

https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/foerderklassen-initiative-umfrage-zur-integrativen-schule-in-basel-lehrpersonen-gehen-die-reformplaene-nicht-weit-genug-ld.2486780

Darum geht es:
Der Regierungsrat hat die Einführung von Fördergruppen als auch von Förderklassen für Kinder und Jugendliche vorgeschlagen, die aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen und die Lernziele zu erreichen.

In einer Konsultation haben die Lehrpersonen Stellung genommen. Von 1105 Befragten sind:
– 550 für die Einführung von Förderklassen
– 310 für die Einführung von Fördergruppen
– 245 für keine oder eine andere Lösung

Die Lehrpersonen haben ebenfalls Stellung bezogen, ob speziell verhaltensauffällige Kinder in den Förderklassen oder den Fördergruppen unterrichtet werden sollen.
Von den 1105 Befragten teilen 597 diese Meinung nicht, 508 stimmen zu.


Es gibt unterschiedliche Ansichten unter den Lehrpersonen bezüglich der beiden Unterrichtsformen und der Zielgruppe, die von diesen Angeboten profitieren soll. Die Mehrheit der Lehrpersonen spricht sich jedoch, wie auch wir, für die Einführung von Förderklassen aus, um Kinder und Jugendliche mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten optimal zu fördern. Es ist wichtig, dass schwächere Schülerinnen und Schüler eine angepasste Unterrichtsdidaktik erhalten, um gemäss ihren individuellen Fähigkeiten lernen zu können.

Erfahrungen mit Deutsch-Anfangsgruppen zeigen, dass die Organisation in Lerngruppen nicht zielführend ist. Die Schulkinder, die den Gruppenunterricht besuchen, fehlen während wichtiger Unterrichtsstunden in ihrer Stammklasse und sind während des Deutsch- oder Mathematikunterrichts in der Stammklasse anwesend, obwohl sie aufgrund ihrer mangelnden Deutschkenntnisse nicht am Unterricht teilnehmen können. Basierend auf den Stundenplänen, kann der Umstand nicht beeinflusst werden.

Exakt die gleichen Probleme würden auftreten, wenn Fördergruppen eingeführt würden, da sie klassenübergreifend stattfinden und keine Rücksicht auf die Fächer nehmen könnten, die in der Stammklasse unterrichtet werden. In Förderklassen hingegen würden die Kinder und Jugendlichen immer in einem für sie angepassten Unterrichtssetting von geschulten Heilpädagogen unterrichtet werden, um entsprechend ihren Fähigkeiten lernen zu können und ohne ständige Wechsel zwischen den Stammklassen und der Lerngruppe. Die Einführung von Fördergruppen würde zusätzlich zu den negativen Auswirkungen auch den administrativen und organisatorischen Aufwand für Klassenlehrpersonen erhöhen, was zu einer übermässigen beruflichen Belastung führt. Dies widerspricht dem Bestreben, diese zu minimieren.

Weiter sind wir, wie die Mehrheit der Lehrpersonen, der Auffassung, dass es nicht sinnvoll ist, verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche von der Stammklasse zu trennen und sie in Förderklassen zu unterrichten. Wir schliessen uns den 65 Prozent der Lehrpersonen an, die den Lösungsvorschlag des Erziehungsdepartement für Schüler und Schülerinnen mit Verhaltensauffälligkeiten unterstützen, nämlich ein Tagesschulangebot SpA Plus einzuführen. Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche, für die die bestehenden Spezialangebote nicht ausreichen und die teilweise nur noch im Einzelsetting unterrichtet werden können. Zusätzlich schlägt das Erziehungsdepartement vor, Lerninseln für Schüler und Schülerinnen zu schaffen, die den Unterricht stören und im grossen Klassenverband nicht gut lernen können.

Es bleibt jedoch für uns die Frage offen, warum 35 Prozent der Lehrpersonen an Förderklassen für verhaltensauffällige Schüler festhalten möchten. Die Auswertung der Hunderte von Kommentaren zur Konsultation sehen wir mit Spannung entgegen und erhoffen uns, dass die weitere Untersuchung mehr Aufschluss darüber gibt.

Wir sind der Meinung es ist von Bedeutung, die Ursachen für auffälliges Verhalten im schulischen Kontext zu untersuchen und die schulischen Faktoren zu identifizieren, die dazu beitragen. Die Volksschule muss sich eingehend mit der Frage auseinandersetzen, ob sie für eine immer geringere Anzahl von Kindern und Jugendlichen geeignet ist. 

Die Schulentwicklung der letzten Jahrzehnte beeinflusst das Lernen und Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen nicht nur positiv. Die steigende Anzahl verhaltensauffälliger Kinder korreliert mit den Reformen und den neuen Unterrichtsformen. Wir erachten es deshalb als zentral, dass die Schule sich intensiv damit auseinandersetzt. Zu viele ideologisch begründete und fachlich nicht fundierte Reformen haben unter Umständen Rahmenbedingungen geschaffen, die wesentliche Faktoren für erfolgreiches Lehren und Lernen vernachlässigt haben und für bestimmte Schüler und Schülerinnen zu auffälligem Verhalten führen.

Es ist unerlässlich, eine kritische Analyse dessen anzustreben, was schiefgelaufen ist, anstatt lediglich darüber nachzudenken, wie und in welchen Settings Schulkinder unterrichtet werden können, die offensichtlich nicht in das aktuelle System passen. Andernfalls betreiben wir nur Symptombekämpfung auf Kosten derjenigen, die immer weniger in das System passen. Denn wenn die Konsequenz eine Separation dieser Kinder und Jugendlichen ist, ist die Massnahme, unserer Meinung nach, ethisch höchst bedenklich.

Sandra Bothe-Wenk 
Grossrätin Grünliberale Basel-Stadt
Bildungs- und Kulturkommission

Christine Staehelin
Leiterin GLP-Fachgruppe Bildung und Familie

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